„Nicht zu dunkel, nicht zu hell, nicht zu fruchtig, nicht zu sauer.“ Gianni spricht über Kaffee. Deswegen haben wir uns heute getroffen. Wir sitzen im Qwstion in der Westbahnstraße, aber zugleich sitzen wir auch im Wolfgang Coffee. Die beiden Betriebe teilen sich ein Dach, warum auch nicht. Wer vom Shoppen erschöpft ist, kann Platz nehmen, einen Espresso trinken und sich dann doch für die andere Tasche entscheiden. Das Konzept funktioniert auch umgekehrt. Betritt man die Boutique des Kaffees wegen, verlässt man sie eventuell in Begleitung eines neuen Rucksacks. Eine Symbiose, die mehr ist als nur eine Zweckgemeinschaft.
Weil Kaffee eben nicht Kaffee ist
Zwischen den beiden Vorlesungen ist zu wenig Zeit, die Mittagspause ist zu knapp, aber der liebliche Schleier der Schläfrigkeit legt sich behutsam lockend über das nicht abgeneigte Gemüt. Ein Griff in die Hosentasche, fünfzig Cent sind noch übrig, ab zum Kaffeeautomaten. Die Auswahl ist egal, schmeckt sowieso alles gleich. Hauptsache ohne Zucker. Spätestens nach dem Leeren des braunen Plastikbechers kommt es zur lippenverzerrenden Erkenntnis: Kaffee ist eben doch nicht Kaffee. Deswegen haben Gianni und seine Kumpels auch keine Mühe gescheut, um die perfekten Mischungen für ihre beiden Eigenmarken zu finden. Der Hausfilter kommt von der Wiener Rösterei Süssmund, der Espresso wurde mit Wildkaffee in Garmisch-Partenkirchen kreiert. „Dafür sind wir extra nach Deutschland und haben uns durchprobiert. An dem Abend sind wir ziemlich zittrig nach Hause gefahren.“ Die Hausmarken sollen möglichst viele Gaumen betören, Allrounder quasi. Geschmacklich eben nicht zu dunkel, nicht zu hell, nicht zu fruchtig, nicht zu sauer.
Nachhaltigkeit und Direct Trade
Neben den Hausmarken bietet Wolfgang Coffee eine abwechslungsreiche Auswahl diverser anderer Sorten an. „Herkunft ist uns sehr wichtig, die Röster sind in direktem Kontakt mit den Bauern.“ Direct Trade wird das Konzept genannt. Das ist sogar ein bisschen höher angesiedelt als Fair Trade, denn der Röster kennt seine Bauern persönlich. Durch die enge Zusammenarbeit kann die Qualität des Kaffees hochgehalten werden, ohne dass der Landwirt draufzahlt. „Wenn du dir im Supermarkt einen Kilo für sechs Euro kaufst, dann merkst du, wie wenig der Kaffeebauer für diesen einen Kilo bekommt. Bei Direct Trade gibt es keine Zwischenhändler, keine Exporteure und keine Importeure. Da schneidet niemand mit.“ Die Zulieferer von Wolfgang Coffee waren schon in Brasilien und Kolumbien unterwegs, dieses Jahr steht Kenia am Plan. Aber nicht nur international gesehen legt das Café Wert auf Nachhaltigkeit. Der Kuchen stammt von der Wiener Zuckerbäckerin Tambosi, die in ihrem Mehlspeis-Labor wahre Köstlichkeiten fabriziert. Die Croissants bezieht Wolfgang Coffee von der nahegelegenen Konditorei Frömmel. Neben dem klassischen Angebot steht immer eine vegane Süßspeise zur Auswahl.
Wolfgang Coffee und die Parfümerie
Klar, das Café ist rein räumlich betrachtet ein Teil vom Qwstion, ideologisch gesehen gehört es aber zu einem größeren Ganzen. Gianni und seine Freunde betreiben nebenbei nämlich auch noch die Parfümerie. Das ist eine Bar in der Neustiftgasse, und ein Catering-Service, der sich auf Getränke spezialisiert hat. „Uns geht es um den Genuss. Wir haben keine Mappe, aus der man Cocktails auswählt. Wir passen unsere Drinks an jedes Event individuell an.“ So kreierte das Trio unter Anderem den koffeinhaltigen Cocktail „Cold Brew old fashioned“. Mit kaltem Kaffee, selbstgemachtem Sirup aus der Kaffeekirsche, also dem Fruchtfleisch, das die Bohne umgibt und einem Schuss Orangenblütenwasser. Bei Gianni gibt es leider keine Cocktails, dafür kann man seinen Espresso ab kommenden Sommer im hauseigenen Gastgarten genießen. Und die Wolfgang Coffee Afterhour findet dann sowieso in der Parfümerie statt.
Fotos: Daniel Klingler