Seit seiner Gründung im Jahr 1807 hat das Schottengymnasium im ersten Wiener Gemeindebezirk schon so manch bedeutende Persönlichkeit hervorgebracht. So wurde die Schule unter anderem von dem Parteivater Victor Adler, dem Dramatiker Johann Nestroy und dem Walzerkönig Johann Strauss besucht. Da die Bildungseinrichtung stark mit dem Orden der Benediktiner verbunden ist, landeten hier nicht nur weltliche Schüler, es inskribierte auch der ein oder andere Glaubensbruder. Einer von ihnen war der aus bürgerlichen Verhältnissen stammende Urban Loritz. Der Sohn eines Uhrmachers trat nach seinem Abschluss am Schottengymnasium der Schottenabtei bei, studierte Theologie an der Universität Wien und wurde im Jahr 1830 zum Priester geweiht.
Die Cholera in Wien
Der junge Pater hatte sich allerdings kein einfaches Jahr ausgesucht, um sein Amt anzutreten. Die Cholera breitete sich von Indien über die Handelswege Asiens nach Russland aus und wurde schließlich von russischen Soldaten nach Europa gebracht. Das österreichische Kaiserreich reagierte schnell und ließ an den Grenzen „Gesundheits-Cordons“ errichten. Dabei handelte es sich um militärisch bewachte Sperrzonen, die nur von Reisenden in Besitz einer „Legitimationskarte“, einem Gesundheitsnachweis, passiert werden durften. All jenen, die versuchten, die Grenze ohne dem ärztlichen Attest zu überschreiten, drohte die Todesstrafe. Trotz der zahllosen Sicherheitsmaßnahmen bahnte sich die Seuche ihren Weg ins Herzen des Kaiserreichs und wütetet schließlich in den Gassen Wiens. Franz Grillparzer vermerkte dazu am 31.September 1831 in seinem Tagebuch:
„Die Cholera ist in Wien. Als sie entfernt war, fürchtete man sich; als sie zögerte zu kommen, ward man leichtsinnig, als sie eintrat, und von einzelnen wenigen Erkrankungsfällen mit einem ungeheuren Sprunge an einem Tage anderthalb Hundert erkrankten und verhältnismäßig viele daran starben, und noch dazu fast alle aus den besseren Ständen, ward das Entsetzen allgemein.“
In ebenjenen Zeiten des allgemeinen Entsetzens übernahm Pater Urban Loritz freiwillig die Aufgabe der Seelsorge im Gumpendorfer Choleraspital. Eine Entscheidung, die nicht zu unterschätzen ist, bedenkt man die hohe Ansteckungsgefahr und die erschreckend geringen Chancen auf Genesung. So raffte die Seuche bis zu ihrer Eindämmung im Jahr 1932 über 2000 Menschen hin.
Ora et labora et lege
„Bete, arbeite und lies“, lautet die Ordensregel der Benediktiner. So wendete sich Pater Urban Loritz in den Jahren nach der Epidemie wieder dem akademischen Leben zu und wurde Mitglied der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien. Bis zum Jahr 1841 wirkte er hier als supplierender Professor für Pädagogik und Pastoraltheologie. Ein Benediktinermönch legt in seinem Ordensleben drei große Gelübde ab: „Obodientia“, also Gehorsamkeit, „Conversatio morum suorum“, der klösterliche Lebenswandel und „Stabilitas loci“, was die örtliche Gebundenheit an ein bestimmtes Kloster oder eine Kirche bedeutet. Im Fall von Pater Urban Loritz handelte es sich um die Schottenfeld Kirche im siebten Wiener Gemeindebezirk. Er trat seinen Dienst im Jahr 1850 an und löste seinen Vorgänger Honorius Kraus ab. Bald schon stellten die Bewohner des Schottenfeldes fest, dass sie mit einem Seelsorger der besonderen Art beschenkt wurden.
Eine Stütze der Armen und Schwachen
Sein Ruf eilte Pater Urban Loritz voraus und nach kurzer Zeit war er einer der bekanntesten Priester Wiens. Er engagierte sich für die sozial Schwächeren, die Kranken und die Hilfesuchenden. 1853 war er an der Gründung der ersten Kleinkinderbewahranstalt Österreichs beteiligt, dies war eine kaiserlich begünstigte Maßnahme, um die steigende Zahl verwahrloster und Obsorge bedürftiger Kinder einzudämmen. Urban Loritz verstarb 1881 und wurde auf dem Hietzinger Friedhof beigesetzt. Für seine Verdienste erhielt er das „Goldene Verdienstkreuz mit der Krone“, eine Auszeichnung, die von Kaiser Franz Joseph l. eingeführt wurde, und die „Salvator-Medaille“ der Stadt Wien. Des Weiteren wurde der Urban-Loritz-Platz im siebten Bezirk nach ihm benannt.