Kunst und Kultur sind ein fester Bestandteil des Lebens in Neubau. Auf mannigfaltige Weise drücken sich kreative Menschen hier aus und hinterlassen ihre erquickenden Spuren im ganzen Bezirk. So ist die einzige anzutreffende Konstante der Wandel selbst. Im Jahr 1900 lüftete das Erika – Kino in der Kaiserstraße 46 zum ersten Mal seine Vorhänge, ein knappes Jahrhundert später schloss das bisher ältestes durchgehend bespielte Kino der Welt wieder seine Tore. Doch kein Grund zur Trauer. Einer der Vorteile des transformativen Charakters Neubaus ist die Tatsache, dass Ende und Anfang zumeist näher beisammen liegen als andernorts. So dauerte es nur drei Jahre, bis die altehrwürdigen Hallen wieder mit Applaus, Gelächter und dem erstaunten Raunen eines gefesselten Publikums gefüllt waren. Allerdings galten die gebannten Blicke der Zuseher seither nun keiner Leinwand mehr, sondern dem illustren Ensemble des Theater Spielraum.
Die Anfänge des Theater Spielraum
Nachdem Gerhard Werdeker sein Studium an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien abgeschlossen hatte, schwebte ihm Großes vor. Statt einen klassischen Assistentenjob anzunehmen, beschloss er, einen alternativen Karriereweg einzuschlagen. Werdeker wollte ein eigenes Ensemble, Handlungsfreiheit und Raum für Ideen. 1983 verwirklichte er seinen Traum und gründete das Theater Spielraum, welches alsbald in Form einer Gruppe junger, motivierter Menschen die Wiener Bühnenszene bereicherte. Über die Jahre wuchs sowohl die Anzahl der inszenierten Themen als auch das Ensemble selbst. So eignete sich das seit 1999 freistehende Erika – Kino vortrefflich als neue Heimat der bunten Theatertruppe. Doch bevor die Räumlichkeiten in Betrieb genommen wurden, standen umfangreiche Sanierungsarbeiten an. Dabei wurde die ursprüngliche Charakteristik des Kinos in liebevoller Kleinarbeit erhalten, wie man unter anderem an der Theke im Eingangsbereich des Theaters erkennen kann.
Professionelles Literatur- und Schauspieltheater
Das Theater Spielraum arbeitet textintensiv. Literarische Werke werden akribisch studiert, um sie möglichst unverfälscht zu inszenieren. Werdeker nimmt den Text beim Wort, dramatisiert Werke von Thomas Mann und Fjodor Dostojewski, sieht seine Aufgabe in „niederschwelliger Kulturvermittlung“. Man wagt sich an Themen, die nicht jedermann zugänglich sind, will Theater um des Theaters Willen machen. Volle Säle sind nicht wichtig, es geht um die Sache selbst. Und es funktioniert, das Ensemble erfreut sich eines lebendigen Stammpublikums. Werdeker und sein Team haben sich bewusst abseits vom Mainstream positioniert, doch Originalität zieht an. Die Zuseherschaft der Bühnentruppe wächst seit 2002 stetig, größtenteils handelt es sich um junge Leute. Die Menschen wissen gutes Theater zu schätzen, erfreuen sich der vielfältigen Inszenierungen und debattieren nach den Vorführungen über die gesellschaftspolitischen Elemente der Stücke. Es ist nicht untypisch, dass sich das Ensemble im zugehörigen Café unters Publikum mischt, nachdem der Vorhang gefallen ist.
Aktuelles Programm
Das abwechslungsreiche Programm ist auf der Website des Theaters abrufbar.
Fotos: Theater Spielraum / Barbara Pálffy