Steine der Erinnerung | Vakuum

Georg_Boehme_Beitragsbild

Am 1. Oktober 2017 werden die Steine der Erinnerung in der Westbahnstraße enthüllt. Mit ihnen wird der 42 deportieren Menschen gedacht, die vor ihrer Verschleppung und Ermordung hier lebten. Die Beiträge von fünf KünstlerInnen bzw. KünstlerInnengruppen bilden das Rahmenprogramm der Veranstaltung. Unter ihnen ist auch Künstler Georg Böhme, den im7ten zum Gespräch bat.

Die Westbahnstraße 7 war Viktor Kormes letzte Meldeadresse. Über die Umstände seiner Deportation oder ob er auf der Flucht gefasst wurde, ist nichts bekannt. Fest steht, dass er im kroatischen Konzentrationslager Jasenovac, in dem unter der Leitung der Ustascha von 1941 bis 1945 ohne deutsche Beteiligung planmäßig gemordet wurde, starb. Im Archiv des DÖW (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes) wird sein Schicksal unter „Tod ohne Bestätigung“ gelistet.

Georg Böhme thematisiert in seinem Beitrag zu „Steine der Erinnerung“ das Fehlen des Menschen und stellt eine Verbindung zum Fehlen der Informationen über diesen her. Stellvertretend für viele gedenkt er Viktor Kormes in einer Installation: Mit einer Glasglocke erzeugt er ein Vakuum – das als Metapher für die Abwesenheit, den leeren Raum, die offensichtliche Lücke in der Gesellschaft steht.

Der Künstler erzählt, im Diskurs über den Zweiten Weltkrieg auch immer wieder die in Ruinen liegende Gesellschaft vor Augen gehabt zu haben. Der Tod von Millionen stelle eine noch nie dagewesene Zäsur dar, die auch im wieder aufgebauten Wien bis heute zu spüren sei. Das gesellschaftliche Leben, wie man es vorher kannte, und seine geistige Entwicklung waren nicht mehr existent: „Alles was jetzt ist, ist nach der Stunde Null.“

Böhme selbst setzt sich schon lange mit der Thematik auseinander, weshalb er sein Mitwirken an der Veranstaltung ohne zu zögern zusicherte. Die Lücken in der Aufarbeitung würden zeigen, dass das Thema noch nicht abgeschlossen sei. Er verweist auf die Ausführungen des Historikers Götz Aly, der in seinem neuesten Buch „Europa gegen die Juden 1880-1945“ auf den praktizierten Antisemitismus in Gesamteuropa „im Wahnsinn der Nationalstaatlichkeit“ als eine der Voraussetzungen für die industrielle Vernichtung der Juden eingeht. Die Tatsache, dass so viele Aufzeichnungen über die Deportierten unvollständig sind, stimmt ihn nachdenklich: „Geschichtsschreibung ist immer eine Dokumentation der Besitzungen. Mieter sind oft nicht auffindbar und fallen durch das Raster. Wenn keine Enteignung stattgefunden hat, gibt es auch keine entsprechenden Gerichtsakten.“ Böhmes Installation widmet sich somit verschiedenen Aspekten des Fehlens und der „Präsenz des Verloren-Gegangenen“ als Vakuum.

Nähere Informationen zum Projekt „Steine der Erinnerung“ in der Westbahnstraße finden Sie auf www.steinedererinnerung.at

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