Steine der Erinnerung | Erinnern an das Gemeinsame

Cappella_Beitragsbild

Am 1. Oktober 2017 werden die „Steine der Erinnerung“ in der Westbahnstraße enthüllt. Im Anschluss an die gemeinsame Begehung mit Beiträgen von vier KünstlerInnen bzw. KünstlerInnengruppen findet in der Pfarre Schottenfeld ein Konzert des Ensembles Cappella Splendor Solis statt.

Cappella Splendor Solis ist ein 2014 gegründetes Ensemble begabter junger Musiker, die gemeinsam mit ihrem Mentor Professor Josef Stolz die musikalisch interessante Umbruchphase zwischen 1550 und 1650 ergründen. Die Epoche beginnt mit dem langsamen Abklingen der Renaissance und endet mit dem aufkommenden Barock. Eine beinahe unerforschte Phase der Musikgeschichte, die laut Josef Stolz alles zu bieten hat: Das Alte, das Neue und die Konvergenz der beiden.

Im Rahmen der Einweihung der „Steine der Erinnerung“ in der Westbahnstraße wird Cappella Splendor Solis längst verklungene Werke durch ihren Gesang wieder zum Leben erwecken und so der Deportierten und Verschollenen gedenken. Die Erarbeitung des Beitrages ist dabei insofern einem Zufall zu verdanken, als dass Josef Stolz, Leiter der Gruppe, erst jüngst auf alte Überlieferungen von Gesängen der einst vielköpfigen sephardischen Gemeinde Wiens stieß – kurz darauf erfuhr er von dem Projekt in der Westbahnstraße. Gemeinsam wird das Ensemble die Melodien und Texte wieder ins Licht der Erinnerung rücken.
Ehrfurcht ist hier allerdings fehl am Platz, wie Josef Stolz meint. Es sei zwar ein wundervolles Gefühl, Vergessenes aus den Untiefen der Vergangenheit zurück in die Gegenwart zu holen; um die wahre musikalische Gestalt eines Werkes zu begreifen, müsse man jedoch mit der Euphorie des Künstlers voranschreiten und dürfe sich nicht von der Vorsichtigkeit des Historikers zurückhalten lassen.

Foto: © Cappella Splendor Solis

Wichtig ist der Gruppe vor allem daran zu erinnern, dass Wien vor den Gräueltaten des Nationalsozialismus von einem starken Gemeinschaftsgefühl durchzogen war. Das Judentum prägte Wien sowohl architektonisch als auch kulturell und trug erheblich dazu bei, den Nährboden zu formen, der die Bundeshauptstadt zur Kunstmetropole aufsteigen ließ, führt Josef Stolz aus. Interessante Details sind dabei auch, dass beispielsweise Franz Schubert auf Hebräisch komponierte oder der Domkapellmeister von St. Stephan die Einweihungskantate für die große Synagoge schrieb.

Jüdische Musik darf nicht als homogenes Phänomen betrachtet werden, da das Judentum in die ganze Welt verstreut ist. Somit wurden die unterschiedlichsten kulturellen Einflüsse in den Texten und Melodien verarbeitet. Professor Josef Stolz erzählt eine Anekdote, die das Judentum zwar nicht direkt betrifft, die Thematik des Wanderwerkes aber veranschaulicht. So konnte er nachweisen, dass eine spanische Melodie, die heute noch gesungen wird, ursprünglich aus Indien stammt und im arabischen Raum mittlerweile als eine Geschichte, die zeigt, dass Barrieren hauptsächlich im Kopf bestehen. Denn so vielfältig wir Menschen auch sind, so ähnlich sind wir doch zugleich.

Facebook: @cappellasplendorsolis

Fotos: © Cappella Splendor Solis

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