Starke Frauen im 7ten
Madeleine Reiser, Schauspielerin und Politikerin, wurde 1952 in Göttingen geboren. Sie wuchs in der Schweiz auf und besuchte die Schauspielakademie. Die Liebe brachte sie nach Wien, wo sie bis zu ihrem frühen Tod 2014 lebte und arbeitete. Als stilvolle Frau erkannte sie früh die künstlerischen Kapazitäten ihrer neuen Heimat und war schnell beliebtes Mitglied des Freundeskreises rund um die Designerin Nomi Goldfarb. Sie spielte am Burgtheater und bei Fernsehproduktionen wie „Kottan ermittelt“ oder in „Weihertal“ von Walter Weber. 2005 war sie Initiatorin des Projekts „Wir sind Zeitzeuginnen“ im Thater Spielraum. Die Grünen SeniorInnen wollen im Gedenkjahr mit den hier präsentierten „Fragmenten ihrer Lebensgeschichten“ in Lesungen, Videobeiträgen und einem moderierten Publikumsgespräch Mut machen, daran zu glauben, dass es sich lohnt, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen. Nach ihrer Schauspielkarriere sattelte sie auf Sozialberaterin um. Nachdem die Grünen 2001 erstmals einen Bezirksvorsteher stellen konnten, zog Madeleine Reiser vom Wiener Rathaus ins Neubauer Amtshaus und wurde als erste grüne Bezirksvorsteher-Stellvertreterin angelobt. Sie war Vorsitzende der Kulturkommission Neubau, Vorsitzende der Bezirksvertretung und Vorsitzende des Finanzausschusses, sowie SeniorInnenbeauftragte.
Ihre persönlichen Schwerpunkte waren Kultur, Frauen, inter religiöser Dialog und Erinnerungskultur.
In dieser Position konnte sie vieles bewegen und einige künstlerische Projekte ermöglichen. Selbst Künstlerin verstand sie die Bedürfnisse der Künstlerinnen, wusste um die Härte des Lebens, die prekären Umstände, die übergroßen Hürden. Selbst sie hatte eine Zeit, in der sie um ihr Auskommen und die Lebensqualität ihrer zwei Kinder kämpfen musste und der Weg steinig war. Dabei verlor sie aber nie ihren Optimismus und ihre Lebensfreude, die bis zum Ende immer wieder aufflackerte.
2010 verwirklichte sie mit KÖR die Intervention im Öffentlichen Raum „Raum für Frauen“. Die Interventionen sollten einladen innezuhalten, den Raum als „Frauenraum“ zu definieren und in der Gestaltung als zusammengehörig erkennbar zu machen. Als Siegerprojekt des Wettbewerbs ging Tell these people who I am von Iris Andraschek hervor. Alleine im 7. Bezirk waren von insgesamt etwa 70 Straßen- und Ortsbezeichnungen 28 Flurnamen bzw. geographische Bezeichnungen, 26 Männernamen und fünf Berufsbezeichnungen zu finden. Nur zwei trugen die Namen von Frauen. Von den sieben ausgewiesenen Denkmälern im öffentlichen Raum, erinnerte nur eines an eine Frau, die Schauspielerin Hansi Niese (1875 – 1934). Es gab kein von einer Künstlerin gestaltetes Objekt im öffentlichen Raum im Bereich des Bezirks Neubau. Die Gesamtgesellschaft setzt sich aus ca. 51,3% Frauen und 48,7% Männern zusammen. Frauen prägen seit jeher Vergangenheit und Zukunft als Künstlerinnen, Lehrerinnen, Geschäftsfrauen, Wissenschaftlerinnen etc. und prägen dadurch das Leben im Bezirk. Madeleine Reiser war es immer ein Anliegen dieses Ungleichgewicht zu kippen.
Im Juni 2013 legte sie ihr Amt als Bezirksvorsteher-Stellvertreterin und Bezirksrätin aus gesundheitlichen Gründen nieder.
2014 erlag sie ihrer schweren Krankheit, gegen die sie auch bis zuletzt mit Optimismus kämpfte.
Sie ist ein Beispiel dafür, wie wichtig es ist, dass Menschen in der Politik über das sogenannte „Normale Leben“ mit all den Hürden Bescheid wissen, die Kunst leben und ein diverses Miteinander fördern.
Wir werden sie weiterhin vermissen!
Denise Parizek, 2018
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