Cristina Calderoni, eine junge Künstlerin aus Faenza, die vor 2 Jahren nach Wien zog, um ihr Glück zu suchen.
Oscar Sanchez, Kurator, Autor und Filmemacher aus Mexiko, lud Cristina Calderoni 2016 für eine Residency nach Wien ein. Calderoni ließ sich von Wien inspirieren. Von Freunden und Bekannten in die sogenannte Wiener Künstlerszene eingeschleust, wagte sie sich schnell aus der gesicherten Umgebung hinaus und zog ihre eigenen Kreise. Unter anderem untersuchte sie diverse Flohmärkte der Stadt. Im Künstlerstatement stellt Calderoni fest, dass für sie persönlich die Verbindung verschiedenster Sinneserfahrungen wichtig ist, olfaktorisch, haptisch, visuell. Die Beschaffenheit von Oberflächen steht gleichwertig neben Ausdünstung und Ausstrahlung.
Calderoni´s Spezialität ist die Adaption des Raumes und Ortes und den Einfluss der Umgebung auf ihre künstlerischen Arbeiten. Sie entnimmt ihre Inspirationen aus den Begegnungen und dem Leben in einer Stadt ihrer Wahl, beziehungsweise ihres Auftrages. Die junge Künstlerin lebte nomadisch, bis sie sich Ende 2016 in Wien niederließ.
Auf einem ihrer Streifzüge durch Wiens Flohmärkte, entdeckte sie Keksdosen, alte, riechende, rostige, eingedellte Keksdosen.
Unmittelbar war sie von diesem Material gefangen: Metall verändert sich in Wärme, es reflektiert, es verändert sich in Feuchtigkeit, es riecht.
Alte Keksdosen erzählen Geschichten, von Ereignissen, Ländern und Personen. Eine alte Keksdose öffnen erinnert an Pandora, wir assoziieren zuerst Hoffnung, auch wenn wir wissen, dass Laster und Untugenden ebenfalls in der Büchse enthalten sind. Wir nehmen alles in Kauf, nur um einen Blick zu erhaschen. In diesen menschlichen Grundzügen verankert Calderoni ihre Installation.
Sie zerlegte die Dosen in Einzelteile, glättete selbige und bog Platten zurecht, die sie dann zu einem Ganzen verwandelte.
Es entstanden Bilder aus Metallplatten, aus Keksdosen extrahiert, an blinde venezianische Spiegel erinnernd. Daraus werden wieder neue Geschichten und Einflüsse entsteigen, die von der Künstlerin weiter in die Welt getragen werden, auf dass sie zu neuen Projekten inspirieren.
Sie stellte im Weissen Haus, in der Schleifmühlgasse 12-14 und auf diversen Performance-Festivals in Wien aus. Ihr Atelier war im 7ten und sie war froh, auch da einen Arbeitsplatz im freundlichen American Style Cafe Ecke Burggasse Myrthengasse gefunden zu haben.
Das Leben schien sich gut zu entwickeln, Brotjob, Ausstellungen, ein großer Freundeskreis. In ihrer Offenheit und Neugierde war Cristina eine Bereicherung unserer Community. Bis eine Art Wirtschaftskrise einsetzte. Die Besitzerin des Cafes bezahlte ihre Angestellten nichtmehr, weil sie knapp bei Kasse war. Trotz mehrer freundschaftlicher Interventionen und gerichtlichen Vorgehens ist sie Cristina noch immer eine Menge Geld schuldig und unauffindbar.
Soviel zum freundlichen Cafe an der Ecke.
Leider ist das kein Einzelfall in Wiens Gastronomie. Gerne werden ausländische Menschen ausgenutzt, nicht nur schlecht bezahlt, sondern wörtlich über den Tisch gezogen.
Letztendlich warf Cristina Calderoni im Frühling 2017 das Handtuch und ging wieder zurück nach Italien, wo sie weniger Miete zahlen muss und einen Job bekam, dessen Gehalt auch ausbezahlt wird. Wir vermissen sie sehr.
LINKS
www.dasweissehaus.at/en/artists/cristina-calderoni
www.progettoborca.net/eng/cristina-calderoni/
https://www.celesteprize.com/cristina.calderoni
cargocollective.com/cristinacalderoni/…/About-cristinacalderoni
https://www.12-14contemporary.com/cristina-calderoni
http://12-14.org/2016-Cristinacalderoni/
http://12-14.org/2018-CordialPoints/
http://12-14.org/2018-CommonPastCommonFuture/
Denise Parizek 2018
Copyright Photography Mute Insurgent 2018