Seit 20 Jahren kann die Transformation des 7. Bezirks von einem Mittelschicht Bezirk in einen der angesagtesten, hippsten Stadtteile von Wien beobachtet werden.
Die Geschichte des Bezirks beruht auf Handwerkstradition. Viele Kleinindustrien und Manufakturen waren am Neubau beheimatet. Um die Ulrichskirche herum war im 14. Jahrhundert die Wiener Hochburg der Protestanten. Protestantismus und Wirtschaft gingen immer schon Hand in Hand. Die Prosperität des Stadtteil wuchs rasant, die Namen Brillantengrund und Seidengrund kommen aus dieser Wohlstandsära. Aber auch das Kleinhandwerk von Schneidern, Modemachern, Schustern und Leinenwebern war hier angesiedelt. An diese Tradition knüpften auch die Wiener Jungdesignerlabels an, als sie sich gebündelt im 7. Bezirk etablierten. So entwickelte sich der Bezirk wieder zu einem Fashion Viertel.
Aimée Blaskovic hatte vor 20 Jahren genau das angesprochen, ein bisschen internationales Flair im Gegensatz zur Tristesse im 3. Bezirk, wo sie aufwuchs. Sie ist Künstlerin, Grafikerin, Lehrende und Mutter und lebt und arbeitet im 7. Bezirk.
Die Wohnung ist groß genug, um mit einem Kind gut durchzukommen. Zusätzlich hat sie mit ihrem Mann Raoul Krischanitz ein Atelier in der Nähe, um in Ruhe künstlerisch arbeiten zu können.
Sie besuchte die Modeschule Hetzendorf und unterrichtet zur Zeit in der Modeschule Michelbeuern. Durch ihre Affinität zur Modebranche, auch ein bisschen von ihrer Mutter, die eine Boutique besaß, in die Wiege gelegt, genießt Aimée die Szene im 7. Bezirk, die vielen verschiedenen kleinen Boutiquen von jungen Designerinnen. Sie schätzt auch die große Auswahl an kulinarischen Verlockungen.
In den letzten 20 Jahren hat sich der Bezirk gentrifiziert, heißt die Mieten wurden teurer, die Geschäfte schicker, die Lokale exklusiver. Glücklicherweise ist die Miete ihrer Wohnung noch erschwinglich und sie kann die Vorzüge des Bezirks in vollen Zügen genießen.
Zum Beispiel auch das vielfältige Angebot an Schulmodellen. Sie wurde selbst in der Freien Schule im WUK eingeschult, deren Mitbegründer/Gestalter ihr Vater war. Aimée weiß aber, dass nicht jedes System zu jedem Kind passt. Deshalb versucht sie ihren Sohn zu beobachten, um herauszufinden, ob er nach Struktur oder Freiheit verlangt.
Die Künstlerin Aimée Blaskovic beobachte ich seit Jahren. Vor 8 Jahren fiel sie mir durch ihre poetischen Schaukästen, einer Kombination aus Fotocollagen und transparenten Stoffebenen. Sie wirkten wie Momentaufnahmen, die nicht gänzlich das Tageslicht erreichen sollen.
Diese Flüchtigkeit findet sich auch in einigen ihrer Fotoarbeiten wieder.
Im November 2016, anlässlich von Eyes on, präsentierte sie ihre neue Serie „starry night“ im brick5. Die Arbeiten bestehen aus fotografierten Muttermalen, die an einen Sternenhimmel erinnern und 4 übereinander gelagerten Glasplatten, in denen die Positionen der Muttermale ähnlich einer Sternenklare eingeritzt sind. Die zu Sternen uminterpretierten Muttermale werden durch feine Linien zu Konstellationen verbunden, beziehungsweise zu neuen Gestalten transformiert. Diese Arbeiten sind fein und fragil, die Kraft und die Stärke kommt durch die absolute Ruhe und Tiefe, die diese kleinen Arbeiten ausstrahlen und durch das Eintauchen in die verschiedenen Schichten.
Wenn Aimée Blaskovic neben Brotjob und Familie noch Zeit hat, derartige feine und tiefgreifende künstlerische Arbeiten zu erzeugen ist unklar. Der Drang des künstlerischen ICH scheint groß genug, um Zeit und Energie freizulegen und ihre Passion für die künstlerische Ausdrucksweise weiterzutreiben.
Fotocredits Aimée Blaskovic / Mute Insurgent 2017