Ich habe im laufenden Jahr mehr als 12 Interviews mit Geschäftsleuten mit Migrations Hintergrund im 7ten gemacht und muss seit einigen Monaten feststellen, dass meine Gesprächspartner entweder von Vorne herein abwinken oder im Nachhinein doch lieber nichts über sich geschrieben haben möchten.
Wohlgemerkt im 7. Bezirk, wo ich nicht damit gerechnet hätte, weil wir da doch eine so aufgeklärte, Grün regierte Gutmenschen Gesellschaft vorfinden.
Nach einem Jahr Recherche und Gesprächen bin ich einerseits über die negative Entwicklung verwundert, andererseits verstehe ich das Misstrauen. Mir wurde oft erzählt, dass sich Menschen kein Blatt mehr vor dem Mund nehmen, bei marginalen Einkäufen von ein paar Cent dem Inhaber noch wörtlich sagen, sie müssten ja froh sein, dass überhaupt noch jemand bei ihnen einkaufe. Schulkinder flüstern ihren Freunden vor dem Zuckerladen zu, „im Supermarkt ist es billiger!“.
Was ist mit den aufgeklärten Bewohnern des 7. Bezirks passiert? Geben sie ihren Kindern weiter, Großkonzerne anstatt von Kleinunternehmer*innen zu unterstützen? Haben sie völlig vergessen Toleranz, Empathie, Großherzigkeit in ihrer Erziehung einzubauen? Müssen wir uns dem neoliberalen menschenfeindlichen Bild der Politiker anpassen?
Sowohl Presse als auch Politik erzeugen Stimmungen, die nichts mit der Realität zu tun haben. Und ausserdem, am Beispiel Trump sieht man explizit, wie schnell die Versprechungen des Wahlkampfes verworfen werden können. Die Verlierer sind immer die Selben!
Glaubt lieber dem Clown als einem Politiker (frei nach Sören Kierkegaard).
Darum soll dieser letzte Artikel eine Aufforderung an alle Leser sein, sich selbst von der Vielfältigkeit zu überzeugen, neue Läden austesten, mit den Besitzern ein Schwätzchen führen, unabhängig von woher die/der Besitzer*in kommt, an was sie glauben und welchem Geschlecht sie zugehören.
Diversität macht das Leben spannend. Wer mag sich noch an die grauen Zeiten der 80iger Jahre zurückerinnern?
Ausserdem konnte ich auch feststellen, dass Einkaufen in Spezereien Läden unbedingt leistbar ist. Weniger dafür bessere Qualität und die Unterstützung kleiner Wirtschaftstreibender bringt so viele Vorteile. Unsere Neugierde wird befriedigt, wir können neue Geschmäcker austesten und erfahren en passant interessante Geschichten über Ernte, Herstellung, Traditionen und andere Länder.
Und wenn Sie schon über die guten österreichischen Werte nachdenken, dann gucken Sie doch bitte, dass Ihr Geld in Österreich bliebt und nicht an internationale Konzerne abwandert, die dann keine Steuern zahlen.
Machen Sie sich auf den Weg, testen sie selbst, die Japanerin die den besten Matcha vertreibt und bei der bunte Papierdrachen durch den Raum fliegen, den Perser, der die tägliche Zeitung und das Packerl Tschick verkauft, der Grieche, Kroate oder Türke, dem wir herrliches Olivenöl verdanken, die Italiener, Franzosen, Spanier, die uns den besten Schinken, die cremigsten und würzigsten Käse anbieten. Oder die süßen saftige Orangen aus Sizilien, ungespritzt, weil sich auf Sizilien keiner Pestizide leisten will. Die Schneider aus Sierra Leone oder Türkei, die Schuster aus Aserbeitschan oder Polen, die vielen leckeren Speiselokale aus China, Vietnam, Philippinen, Indien, Ungarn, Portugal.
Viel Spaß und eine beschauliche Zeit, in der sie die Möglichkeit haben, über den eigenen Tellerrand zu blicken und gedanklich in die Ferne zu schweifen. Es ist für uns alle wichtig, die Perspektive zu verändern und die festgefahrenen Meinungen über Bord zu werden.
In diesem Sinne Ahoi und fröhliche Festtage!
Text Denise Parizek 2016
Photo Credits Mute Insurgent 2016
—
denise parizek
Schleifmühlgasse 12-14