In der vielfältigen kulinarischen Landschaft, mit der Neubau gesegnet ist, schadet es nicht, hin und wieder auf den Reset – Knopf zu drücken und sich durch den Verzehr eines herzhaft knusprigen Schnitzels an die Finesse der Altwiener Kochkunst zu erinnern. Am besten geht das bei der Mitzitant in der Seidengasse Nummer 39. Während die Konkurrenz auf Foodtrends und überteuerte Experimentalküche setzt, trifft man hier auf traditionsreiche Regionalkost zu soliden Preisen. Aber das urige Lokal füllt nicht nur hungrige Mägen, es entspricht auch dem ursprünglichen Konzept der klassischen Wiener Gaststube. Ein waschechtes Wirtshaus muss nun mal die Qualitäten eines Ersatzwohnzimmers haben. Neben der guten Bewirtung schätzen die Gäste der Mitzitant die ungezwungene Atmosphäre. Nach dem Essen verweilt man noch ein bisschen, spielt Karten oder plaudert. Eine Alltagsoase, die sich hervorragend für eine ausgedehnte Verschnaufpause eignet.
Essen wie bei der Oma, oder der Mitzitant eben
Der Begriff „Mitzitant“ leitet sich vom Namen Maria ab, erklärt mir Frau Kratky, die das Lokal gemeinsam mit ihrem Mann leitet. Ein weit verbreiteter Name, so bündelt er Sissi-Nostalgie und braves Christentum in nur fünf Buchstaben, zwei Aspekte, die im alten Österreich eine große Rolle spielten. Bald waren die Mitzitanten also omnipräsent und arbeiteten durch ihre Kochkunst und ihr liebenswertes Gemüt fleißig an der heutigen Bedeutung des Kosenamens. Ein Ruf, dem auch die Gaststube in der Seidengasse gerecht wird. Frau Kratky und ihr Partner legen großen Wert auf traditionelle, authentische Zubereitung. Gekocht wird nach Altwiener Rezepten unter Verwendung regionaler, frischer Zutaten. Seit Februar 2016 bewirtet das Paar die Nachbarschaft und erfreut sich einer großen Stammkundschaft. Das Publikum ist durchgemischt: Otto Normalverbraucher, Künstler, Politiker und zur großen Freude der Lokalbetreiber auch eine gesunde Portion Jugend.
Frische Zutaten aus Österreich
Herr Pavlovic und Frau Kratky beginnen ihr Tagwerk gegen fünf Uhr morgens. Bevor der Wirtshausbetrieb startet, machen sich die beiden auf den Weg zum Markt, um ihre Vorratsschränke zu füllen. Dabei wird regional und der Saison entsprechend eingekauft. Die Zwetschken für die berühmten Topfenknödel der Mitzitant holt das Paar aus dem Burgenland, Spargel und Erdbeeren kommen aus dem Marchfeld. „Uns ist wichtig, zu sehen, wo unsere Zutaten herkommen“, meint Frau Kratky. Wir sitzen in der gemütlichen Gaststube, die noch so aussieht wie vor 50 Jahren. Vor mir steht ein prächtiges Schnitzel in güldener Panade, klassisch begleitet durch einen guten alten Erdäpfelsalat. Herr Pavlovic bemüht sich, meine soeben gestellte Frage nach der am häufigsten georderten Speise zu beantworten. So genau könne man das nämlich nicht sagen. Touristen seien meistens auf Schnitzel aus, aber auch Innereien und andere traditionelle Gerichte erfreuen sich großer Beliebtheit. Klarerweise hängt die Nachfrage auch von der Saison ab, denn neben der klassischen Karte führt die Mitzitant auch eine saisonale Schmankerlkarte, auf der je nach Jahreszeit Wild, Schwammerl und Co zu finden sind.
Was wäre eine Gaststube ohne Geselligkeit?
Soziale Interaktion ist ein wichtiger Bestandteil des Wirtshauslebens, dessen ist man sich bei der Mitzitant bewusst. Neben dem regulären Betrieb wird den Gästen ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm geboten. Jeden zweiten Donnerstag wird gemeinsam gedoodelt, eine Praxis, die gemeinhin als Kritzeln bekannt ist und die Meisten wohl an die eigene Schulzeit erinnert. Das kollektive Zeichnen hat laut Frau Kratky meditativen Charakter und lässt sich hervorragend durch Kaffee und Kuchen begleiten. Vor Kurzem war eine professionelle Trommelgruppe zu Gast und am 15. Juni steht Karaoke am Programm. Aber auch an ganz normalen Tagen lohnt es sich, der guten Stube einen Besuch abzustatten, man sollte sich allerdings der Gefahr bewusst sein, dass es sich dabei mit großer Wahrscheinlichkeit um keine einmalige Angelegenheit handeln wird.