Mein Herz gehört dem Schani

Woher kommt der Begriff Schanigarten?

Für die Entstehung der Bezeichnung Schanigarten gibt es mehrere Erklärungen. Jede so wahrscheinlich wie die andere. Gut möglich, dass die italienischen Wurzeln von Johann Jakob Tarone, der als erster Gastronom Wiens ab Mitte des 18. Jahrhunderts Gäste am Graben bewirtete, den Freiluftgastgarten an prominenter Adresse als „Giannis Garten“ bekannt machten und Gianni zu Schani wurde.

Genauso wahrscheinlich ist aber, dass der gängige Dienstbotenname Johann – in der französischen Modesprache: Jean – sich von Jean in Schani verwandelte und dem Gastgarten seinen Namen schenkte.

Bin i’ dei’ Schani?“, fragen die Wiener*innen, wenn sie nicht die Handlangerdienste übernehmen wollen, die ihnen aufgetragen werden. Doch eben dieser Schani war es, der die Sessel und Tische morgens vors Lokal brachte und sie zur Sperrstunde wieder hereinholte.

Woher der Begriff Schanigarten tatsächlich kommt? Wir werden es nicht erfahren. Es ist eine dieser charmanten Urwiener-G’schicht’n, „die hoid so san. Des sogt ma so.“ Mehr dazu kann man im Magazin des Wien Museums nachlesen.

Foto von der Autorin

Das Leben im Schanigarten

In der Schanigarten-Sommersaison, die in Wien von 1. März bis 30. November läuft, genießen die Wiener*innen ihre Stadt gerne aus den kleinen, oft begrünten Oasen vor ihren Lieblingslokalen. Von der Sitzposition aus, sieht die Stadt ganz anders aus. Dort, wo man sonst zielstrebig über den Gehsteig eilt, stehen dann ein paar Tische und Sessel, die zum Platznehmen einladen. Wenn Mama sagt, sie mag nicht „in der Auslage sitzen“, hat sie den Charme des Schanigartens nicht verstanden.

Sehen und gesehen werden

Hier geht’s ums Beobachten – im (sicht)geschützten Rahmen. Die besten Funde habe ich im Schanigarten gemacht: Den berühmten Musikproduzenten Rick Rubin (Metallica, Lady Gaga, Ed Sheeran, Red Hot Chili Peppers, Johnny Cash etc.) habe ich zum Beispiel mal in einem Schanigarten gesehen – mein Mann, seines Zeichens ein großer Fan, hat ihn angesprochen und ein paar Minuten mit ihm geplaudert. Das wäre nie passiert, wenn Rick Rubin IM Lokal gesessen wäre. Oder ein Ex-Freund, den ich mal im Schanigarten gesehen und dann schnell auf ein anderes Lokal umdisponiert habe. Dieser Kelch wäre nie an mir vorübergegangen, wenn er IM Lokal gesessen wäre. Man sieht: Der Schanigarten erfüllt sehr dienliche Zwecke.

Entschleunigung, Flair und Genuss

Und dann sieht man die Stadt noch mit ganz anderen Augen. Man sitzt mittendrin im Rummel, schaltet ein paar Gänge runter und gibt diese Ruhe, aber auch diesen Lebensgenuss nach draußen ab. An die, die gerade vorbeieilen. Die, die einen kurzen Blick auf die vorbeigetragenen Teller erhaschen und sich Gusto holen. Man genießt das Flair und wird zugleich Teil davon. Wenn die Luft abends abkühlt, wickelt man sich in eine warme Decke, um den letzten Spritzer noch in Ruhe genießen zu können. Im Gegensatz zu den Pariser Straßencafés werden nur wenige Schanigärten elektrisch beheizt. Also rutscht man zusammen und macht es sich kuschelig. Der Schanigarten ist sowas wie die Veranda der Wiener*innen.

Foto von der Autorin

Schanigärten in der Neubaugasse

Einen Schanigarten bieten in der Neubaugasse gleich mehrere Lokale. Manche ganz nach dem Vorbild von Johann Jakob Tarone mit ein paar Tischen und Sesseln, andere mit kleinem Podest, Sichtschutz und Begrünung, um ein lauschiges Plätzchen zu schaffen. Wer also von der Mariahilfer Straße kommend Schani-Hopping betreiben möchte, sollte folgende Route wählen:

Bei Starbucks in der Neubaugasse 4, 1070 Wien, trifft Wiener Schanigarten auf Seattles berühmten Coffee-Company-Export. Die Jazz-Musik-Atmosphäre von drinnen holt man sich (am besten) mit dem (eigenen, wiederverwendbaren) To-go-Becher nach draußen und genießt den Blick in beide Richtungen.

Die Fleischerei Radatz in der Neubaugasse 7, 1070 Wien, bietet Sitzgelegenheiten im Schanigarten, an denen man das herzhafte Tagesmenü genießen kann. Zuerst die Wiener Küche schnabulieren und dann noch was Gutes fürs Nachtmahl zu Hause mitnehmen.

Die Rauch Juice Bar in der Neubaugasse 13, 1070 Wien, ist alles andere als ein Saftladen und presst alle Vitaminformationen aus frechen Früchtchen heraus. In diesem Schanigarten lassen sich auch gut Redaktionssitzungen abhalten. Das haben wir schon ausprobiert.

Gut-Burger-lich geht’s in der Neubaugasse 15, 1070 Wien, bei Spear zu. Beef oder Chicken, Gemüse oder vegan mit Sticky Rice – dem Burgergenuss können sich hier alle hingeben. Sonntag ist Brunch-Day. Ob man von diesem Schanigarten aus Beobachtungen à la Elisabeth T. Sp(ear)a machen kann? Finde es heraus.

Das Reformhaus Buchmüller in der Neubaugasse 17-19, 1070 Wien, verwöhnt seine Gäste mit gesundem, vegetarischem Essen, das man sowohl indoor als auch outdoor verspeisen kann. Das aktuelle Wochenmenü gibt es auf der Website.

Im Maschu Maschu in der Neubaugasse 20, 1070 Wien, tauchen wir in die Maschu Bowls ab oder schlemmen Burger, Pita oder Wrap. Wer das Maschu Maschu und seinen Schanigarten nicht kennt, war noch nie in der Neubaugasse – und das wäre, wie wir wissen, ein großes Versäumnis.

Foto: Louis Hansel | Unsplash

Das Biero in der Neubaugasse 57, 1070 Wien, bietet ein paar Outdoor-Sitzplätze nah an der Hausmauer vor dem „Institut für Bierologie und Hektoliteratur“. Ein guter Platz für Biergenuss, Beobachtung und philosophische Gedanken. Das Biero auf Facebook.

Das Café Orient in der Neubaugasse 59, 1070 Wien, hält Orient-Wraps und -Snacks sowie Falafelteller für uns bereit. Das Frühstücksangebot mit Orient Vital Joghurt mit Bio-Honig, Nüssen, Müsli, Zimt, frischen Früchten und Joghurt ist an der frischen Luft besonders lecker.

Begegnen und verweilen in der Neubaugasse

Zusätzlich zu den Schanigärten der einzelnen Gastrobetriebe, finden Bleibenwollende zahlreiche Sitzgelegenheiten, die die Einkaufsstraße der Spezialisten und Spezialistinnen seit der Neugestaltung im Jahr 2020 bereichern. Auf Bankerln und Sesseln können mitgebrachte Speisen und Getränke ausgepackt, Bücher gelesen oder wichtige Gespräche geführt werden.

Wer ein paar Eindrücke von der Umgestaltung sammeln will, findet im im7ten-Beitrag „Alles, was ihr zur Begegnungszone Neubaugasse wissen müsst“ einige Bilder.

Eine Selektion der schönsten Schanigärten im7ten

Schon gelesen? Wir haben für euch eine Selektion der schönsten Schanigärten des ganzen 7. Bezirks zusammengestellt. Holt euch hier Inspirationen für das nächste sommerabendliche Feierabend-Getränk.

Also: Auf zum Schani!

Beitragsfoto: Rooted Studio | Unsplash

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