So manch einer sitzt dieser Tage bei einem kühlen Glas Bier und blättert verträumt in den alten Versen Homers, der Ilias. Aber es will sich keine rechte Entspannung einstellen. Denn während wir hier unserem Tagwerk nachgehen, kämpfen drüben im fernen Frankreich unsere tapferen Recken um jeden Ball und tragen die schwere Last unserer aller Hoffnungen. Es ist in solchen Fällen guter Brauch, die Götter um Beistand anzurufen. Und siehe da, noch während der fußballbegeisterte Biertrinker in seinen nur mehr lückenhaften Kenntnissen der Mythologie nach der passenden Gottheit forscht, wird auf der anderen Straßenseite ein kleiner Mops streng bei seinem Namen gerufen: „Apollo! Pfui!!“ Das Pfui wird von seinem Herrchen in einem Plastiksackerl verstaut und der Fußballfreund, noch immer in Homers Versen Entspannung suchend, stolpert über jene Stelle, wo dieser (Homer) jenen (Apollo) als „der fernhin Treffende“ bezeichnet. Wie treffend! Und da erinnert sich der humanistisch gebildete Biertrinker auch wieder, dass gleich um die Ecke, in der Zieglergasse Nummer 5, einst ein prächtiger Vergnügungspalast stand mit den schönen Namen „Apollosaal“, von dem noch heute die nach ihm benannte Apollogasse kündet. Dieser Apollosaal wurde dereinst, im Jahre 1807, von einem gewissen Sigismund Wolffsohn erbaut und betrieben – und der war, wie hilfreich, von Beruf Bandagist. Apollo also. Möge dieser in den nächsten Wochen unseren (ja, unseren!!) Künstlern glorreich den Fuß lenken.
Philipp Mosetter (*1956) lebt und arbeitet als freier Autor und Schauspieler in Wien und Frankfurt/Main. Er verfasst monatlich eine Kolumne über den 7ten im Falter.
up* – unpublished
Philipp Mosetter
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Fotocredit: Tsai-Ju Wu
Weiterlesen: Mai 2016