Echte Helden kommen aus dem 7ten – von der ersten Kostüm-Werkstatt Österreichs zum Kostüm-Fachgeschäft

Miranda_Beitragsbild

Fasching, Halloween, Krampus, Nikolo, Mottopartys, Superheldengeburtstag. Feiern, Party und sich Kostümieren ist schon lange nicht mehr auf eine Saison beschränkt. Wie sich das Verkleiden in den letzten 70 Jahren verändert hat, verrät uns Andreas Greif, der den Kostümshop K+K Domgasse – Kostüme und klamauK im ersten Bezirk samt Onlineshop partyshop.at führt. Bis vor kurzem war auch die Werkstatt Miranda-World am Lerchenfelder Gürtel im7ten ein Teil des Familienbetriebes. Andreas Greif leitete diese bereits in 3. Generation.

Der Verkaufsraum des ehemaligen Kostümfachgeschäfts Miranda-World am Lerchenfelder Gürtel 32.
Der Verkaufsraum des ehemaligen Kostümfachgeschäfts Miranda-World am Lerchenfelder Gürtel 32 bot alles, was das Verkleidungsherz begehrt.

Ein Gespür für Weiterentwicklung

Früher war am Lerchenfelder Gürtel 32 im 7. Bezirk das Kostümfachgeschäft Miranda-World mit angeschlossener Werkstatt, in der die Träume unserer Kindheit entstanden. Hier entstanden selbst hergestellte Schaffnermützen oder Holzschwerter für das Ritterkostüm.

Doch der Markt ändert sich ständig. „Nach mehr als 50 Jahren Produktion, die sich stets den geltenden Trends angepasst hat, gibt es der derzeitige Markt nicht mehr her, Kostüme selbst zu produzieren. Man muss mit der Zeit gehen“, so der Unternehmer über die Entwicklung des Marktes. Über die Jahre hat er erkannt, dass die Zukunft auch eine Online-Präsenz verlangt. Daher gründete er den umfangreichen Online-Shop partyshop.at und baute ihn während Corona massiv aus. Andreas Greif ist ein Unternehmer, der sich dem Zeitgeist anpasst und ein gutes Gespür für die Weiterentwicklung hat.

Im Online-Shop können Kunden rund um die Uhr und von weit weg ihre Bestellungen abschicken. Alles, was der innere Verkleidungskünstler begehrt, gibt es hier zu entdecken – Masken, Perücken, Kostüme, spezielles Make-up und vieles mehr.

Doch es gibt sie noch, die Kunden, die gerne im Geschäft einkaufen, die Kostüme, Perücken und Hüte angreifen und vor Ort probieren möchten. Das Kostümfachgeschäft von Andreas Greif K+K Domgasse in der Domgasse 2 im 1. Bezirk ist ein fester Bestandteil und das Go-To in Wien, wenn man ein Kostüm sucht.

Eine Zeitreise ins Jahr 2018 – Das Geschäft Miranda World mit Werkstatt im7ten

Ich habe das Geschäft am Lerchenfelder Gürtel mit zugehöriger Werkstatt im Jahr 2018 besucht und will euch meine Eindrücke schildern. Der damalige Verkleidungsshop Miranda-World hatte am Lerchenfelder Gürtel 32 im 7. Bezirk sein Zuhause.

Heute wird das ehemalige Geschäft als Lagerraum für den Kostümshop K + K Domgasse im 1. Bezirk und als Logistikzentrum für Versand und Warenannahme für den Online-Shop partyshop.at verwendet.

Es war nicht das, was man sich unter einer klassischen Neubauer Adresse vorstellt. Die Autos zischten am Gürtel an mir vorbei, als ich von der U6-Station Thaliastraße in Richtung Shop ging. Die Ränder des Siebenten besucht man selten. Zu selten! Denn dort gab es etwas zu entdecken, von dessen Existenz ich nicht zu träumen gewagt hatte. Hier, genau an dieser Adresse, sind die schönsten Momente meiner Kindheit entstanden. Und wahrscheinlich auch die vieler im7ten-LeserInnen. Das Spannende aber: Die wenigsten von uns waren als Kinder hier.

Der Verkleidungsspezialist | Wie alles begann

Indianer Kostüm kaufen in Wien
Indianerkostüm und Cape aus eigener Fertigung

Im Jahr 1948 gründete Miranda Weissenfeld mitten in Wien eine Erzeugung von Indianer- und Cowboyartikeln, Springschnüren, Windrändern und hochwertigen Federmasken. Zehn Jahre später stiegen Miranda Weissenfelds Tochter und Schwiegersohn in die Kostümproduktion ein und der Betrieb übersiedelte an seinen heutigen Standort, wo Miranda Weissenfeld eine Lampionerzeugung übernahm, die sie bis in die frühen Siebziger Jahre aufrecht erhielt.

Fasching wurde in Österreich zu dieser Zeit zwar gefeiert, aber noch wickelte man sich anlässlich der fünften Jahreszeit eher in Krepppapier und Papas abgetragenes Hemd, um wie ein Clown auszusehen, als dass man zum Fasching in ein Kostüm investierte. Vielmehr war es das Verkleidungszubehör und das alltägliche Spiel, das das Unternehmen mit seinen Artikeln bediente. Es war die einzige Produktion von Kostümen in Österreich! Gefertigt wurden Spielzeugtrommeln und Verkleidungen, die über den Spielzeugfachhandel vertrieben werden.

Die goldenen Jahre

Im Jahr 1972 übernahm die Tochter, Gabriele Greif, den Betrieb und erweiterte ihn um den Großhandel mit Faschingsartikeln. Einundzwanzig Faschingsdienstage später erfolgte die bislang letzte Übergabe des Unternehmens an Andreas Greif, den Enkel der Firmengründerin, der heute das Geschäft in der Domgasse K + K Domgasse – Kostüme und klamauK sowie den Online-Shop partyshop.at führt. Mit jugendlichem Elan steigerte er den Export der in Wien produzierten Produkte ins Ausland und versorgte den österreichischen Spielzeughandel mit den Verkleidungsartikeln, die jedes gut sortierte Kinderzimmer der 80er und 90er Jahre hatte: Pfeil und Bogen, Friedenspfeife, Sheriffstern, Schaffnerkappe und Fahrscheinentwertungszange.

Fasching ist nur ein Bruchteil dessen, was das Unternehmen kann. Es sind vor allem die klassischen Rollen, in die Kinder im Spiel schlüpfen: Cowboy, Ritter, Pirat, Schaffner. Die Rollen der Großen, die sie als Helden aus Film, Fernsehen oder dem echten Leben kennen. Spielte es rund um Weihnachten Zorro oder die Musketiere im Fernsehen, übertrug sich das ins Faschingsgeschäft – so einfach ist die Rechnung.
1998 schaltete Andreas Greif sogar noch einen Gang höher und eröffnete den Detailverkauf für Party- und Karnevalartikel K + K DomgasseKostüme und klamauK an prominenter Adresse in der Innenstadt – genau gegenüber von Mozarts Wiener Wohnung im Camesinahaus. Das Mozartkostüm war auch eines der Kostüme, das in eigener Produktion gefertigt und zum Verkaufsschlager wurde. Wiener:innen schätzen das Geschäft heute als die Adresse für Kostüme und Verkleidungen mit langjähriger Erfahrung.

Das handgenähte Mozartkostüm war der Verkaufsschlager.

Schleichender Wandel

Das Geschäft läuft. Aber mehrere Veränderungen beeinflussen das Business rund ums Verkleiden: Die Tradition des Faschingfeierns verblasst in der Großstadt, die Zahl der Heldenfiguren ist mit der Verfügbarkeit vieler TV-Sendungen exponentiell angewachsen – die Interessen damit auch diverser – und der Onlinehandel beginnt zu boomen. Beinahe jede Verkleidung bzw. jedes Accessoire des Geschäfts ist nun auch im Internet verfügbar.

„Wir haben vor vielen Jahren gesagt: Entweder Diskonter oder Spezialist. Da muss man sich irgendwann entscheiden, dazwischen wird es schwierig. Wir standen lange Zeit als Spezialist sehr gut da, aber heute ist das Internet auch der Spezialist. Wir sind gut sortiert, wir haben Perücke X in acht Farben, aber ich habe sie eben nicht in der neunten, die der Kunde dann vielleicht haben möchte. Und im Internet wird es die geben. Oder ich habe 12 Stück da, der Kunde braucht aber 15 Stück für eine Party“, erklärt Andreas Greif die diffizile Lagerhaltung des Einzelhandels.

Die Nische des Spezialisten

Trotzdem gibt es sie: Die Menschen, die lieber im Geschäft kaufen, die das Kostüm vor der Kaufentscheidung ansehen und angreifen möchten, die die Perücke probieren und den Hut nach der Kopfform aussuchen möchten. Und an genau die wendet sich das Angebot von K + K Domgasse – Kostüme und klamauK: Andreas Greif und sein Team verkaufen nicht bloß Verkleidungen, sie inszenieren das Erlebnis, das der/die Kund:in mit dem Kostüm haben wird – die Vorfreude, die Zusammenstellung, den tollen Auftritt und den Spaß des Festes. Und es gibt hier Dinge, von denen man nicht einmal gewusst hätte, dass man sie suchen kann: Falsche Wimpern mit Pfauenfedermuster, aufklebbare Narben, die von Sicherheitsnadeln zusammengehalten werden, Donald-Trump-Perücken – das Sortiment inspiriert.

Neue Wege

Andreas Greif geht den Kund:innen aus den ferneren Städten und ländlicheren Gebieten mit einem eigenen Onlineshop auf partyshop.at einen Schritt entgegen, macht die Welt zum Dorf und begeistert neue Käuferschichten, die das Besondere suchen oder sich bewusst gegen manch andere Onlineverkaufsplattform entscheiden.

Während die Tradition des Faschingfeierns an den Rand gedrängt wird, nehmen Mottopartys zu und Halloween erobert sich als gruseliger Verkleidungshöhepunkt des Jahres einen Fixtermin im Kalender. „Heute haben wir im ehemaligen Geschäft Miranda-World am Lerchenfelder Gürtel 32 im 7. Bezirk zu Halloween einen Pop-up Store, da die Nachfrage in dieser Jahreszeit so groß ist.“, so der Unternehmer zur aktuellen Entwicklung.

„Fasching hingegen ist in der Großstadt eher abklingend. Man hat das Gefühl, es ist den Menschen körperlich unangenehm. Früher hat man noch Auslagen dekoriert gesehen, das ist heute kaum noch so. Vielleicht betrachten es die Leute als albern oder es ist keine Tradition mehr da, aber gerade Menschen, die sich in dieser Zeit nicht verkleiden würden, gehen dann trotzdem zu einer Mottoparty. Das ganze Jahr über. Da erscheint das Verkleiden nicht absurd.“

Kostüm kaufen in Wien – der Geheimtipp

Als ich den Verkleidungsshop am Lerchenfelder Gürtel im Jahr 2018 betrete, sehe ich vor allem Kostüme: Harry Potter, 20er-Jahre-Accessoires, gruselige Halloween-Masken, Perücken, Hüte. Einige Artikel aus dem Sortiment erkannte ich wieder – das habe ich in dieser Zusammenstellung schon mal gesehen. „Klar!“, fällt es mir ein, „K + K Domgasse im 1. Bezirk – mein Go-To für Mottoparties – gehört hier dazu!“ Es ist spannend, dass ein Unternehmen, das ohne großes Branding auskommt, trotzdem einen derartigen Wiedererkennungswert hat. Die Welt ist gerade kleiner und vertrauter geworden.

Die Schaffnerkappe aus den 80er Jahren kann man in Österreich immer noch bei Miranda-World erstehen.
In der Werkstatt wurden die Schaffnermützen früher von hand genäht.

Hinter den beiden Verkaufsräumen ging es in gerader Linie weiter zu einer kleinen Werkstatt, in der eine Näherin in gleichmäßigem Tempo die Maschine bediente und aus einem Stapel zugeschnittener Teile eine Schaffnermütze fertigte. Von Hand. Etwa drei Stunden würde sie dafür brauchen. Trotzdem kostete die Mütze am Ende nur knapp 20 Euro. Und ich fand all das schon spannend genug, um mich eine dreiviertel Stunde darüber zu unterhalten. Doch dann bot Andreas Greif mir an, noch einen Blick ins Lager und die Werkstatt zu werfen.
Es gab noch mehr! Durch eine weiße Flügeltür gelangten wir in einen Werkstattbereich, der mindestens ebenso groß war, wie der für Kund:innen sichtbare Verkaufsbereich.

Das Kinderzimmer der 80er

Das Lager von Miranda-World ist absolut zauberhaft retro.
Im Lager der ehemaligen Werkstatt.

Ich taumelte zwischen sprachloser Gerührtheit und begeistertem Plappern. Fein säuberlich von Hand beschriftete Schachteln standen dicht an dicht in den Regalen: Federn, Friedenspfeifen, Totemketten, Büffeltaschen, Medizinbeutel, Tomahawk, Köcher, Augenbinde, Ohrgehänge, Schaffnerkelle, Trillerpfeife – das Spielzeug unserer Kindheit … als wir noch Piraten, Cowboys und Indianer waren. Martialische Rollenspiele – zweifellos – unsere Helden waren Winnetou und Old Shatterhand [Ol-Tschettahänd um genau zu sein], wir trieben unsichtbare Rinderherden mit unseren Fantasiepferden über die Wiese, stibitzen die Gürtel der Bademäntel unserer Eltern, um unsere Gegner an den Marillenbaummaterpfahl zu binden und standen mit selbstgeschnitzten Stecken zum Würstelgrillen ums Lagerfeuer.

Mit dabei: Der rote Bogen mit dem blauen Griffstück, der Köcher mit Pfeilen, die Friedenspfeife und der Medizinbeutel. Spielsachen, die der täglichen Nutzung irgendwann nachgaben, aber trotzdem nicht weggeworfen werden durften. In die Jahre gekommen lagen sie lange am Dachboden meiner Eltern.

Und dann lagen sie hier vor mir auf dem Werktisch der Werkstatt, in der sie damals entstanden – perfekt und neu. Und natürlich total retro! Wie das sein kann? Miranda Weissenfeld und ihre Nachfolger belieferten den österreichischen Spielzeughandel, wo man Qualität aus österreichischer Produktion kaufte, war Weissenfeld drinnen. Es war der ultimative Nostalgietraum: Noch einmal als Erwachsener inmitten der eigenen Spielsachen stehen – alles unbespielt, makellos und auf eine neue Generation von Polizist:innen und Wikinger:innen wartend.

Spielen wie Pippi, Ronja, Michel & Ida und die Kinder aus Bullerbü

Heute werden hier keine Schaffnermützen, Fahrkartenentwertungszangen oder Schwerter mehr gefertigt. Andreas Greif wägte geschäftliche Entscheidungen bedacht ab: Die Nachfrage nach Schwertern, die er zugunsten der Beständigkeit am liebsten gänzlich aus Holz gefertigt hätte, bediente er mit einer preiswerteren – damit im Verkauf erschwinglichen – und weit kindersichereren Variante, die gleichzeitig wertig aussah und gut in der Hand lag: Er kombinierte die Schaumgummi-„Klinge“ mit Holzgriffen und vergab den Auftrag für den Zusammenbau der Komponenten an eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung.

Wer eines der Schwerter aus Holz und Schaumgummi kaufte, erstand damit eine Spielzeugidee, an die man auch im Astrid-Lindgren-Dorf, der Astrid Lindgren Värld, in Schweden glaubte, das die Spielzeugmesser und -schwerter über viele Jahre bei Andreas Greif bestellt hatte und an denen die Fans von Pippi Langstrumpf, Ronja Räuberstochter, Lausejunge Michel aus Lönneberga und den Kindern aus Bullerbü viel Freude hatten.

„Heute produzieren wir kein Zubehör und keine Kostüme mehr. Die Restbestände werden direkt bei uns im Online-Shop und im Geschäft in der Domgasse verkauft“, bemerkt der Unternehmer. Der Hinweis „Hergestellt in Österreich“ im Online-Shop zeigt uns an, welche Produkte selbst produziert wurden und als Restposten noch verkauft werden.

Langsam macht sich der Unternehmer Gedanken über die geschäftliche Zukunft, denn noch steht keinE Nachfolger:in in den Startlöchern, um das Traditionsunternehmen weiterzutragen: „Der Jüngste bin ich auch nicht mehr“, schmunzelt er und fügt in Sachen Nachfolger:innensuche hinzu, „mit neuem Schwung wäre noch Platz für Veränderung.“

K + K Domgasse – Kostüme und klamauK

Auf der Suche nach dem perfekten Faschingskostüm? Im Kostümfachgeschäft K + K Domgasse – Kostüme und klamauK in der Domgasse 2, 1010 Wien, werden Sie Montag – Freitag: 10 – 18 Uhr und Samstag: 10:30 – 17 Uhr fündig.

Rund um die Uhr erreichbar ist der Online-Shop: partyshop.at

Es gibt kein Kostümfachgeschäft in Österreich, welches auf eine längere Tradition und reichhaltigeren Erfahrungsschatz zurückblicken kann. In diesem Sinne: Think global – support local!

Gut zu wissen: Faschingstradition

Miranda-World in 1070 Wien bietet Federboas in verschiedenen Farben.
Federboas dürfen natürlich nicht fehlen.

Die Faschingszeit beginnt bei uns am 11.11. um 11 Uhr 11 und dauert bis zum Faschingsdienstag (dieses Jahr am Di, 21.02.2023) auf den der Aschermittwoch und damit die 40-tägige Fastenzeit bis Ostern folgt. Was in Österreich der Faschingsdienstag ist, ist im Französischen Mardi Gras. In Deutschland wird er auch Fastnacht oder Fasnacht genannt, kurzum wir reden vom Karneval, der auch in Venedig oder Rio mit fulminanten Umzügen gefeiert wird.

Text der Erstveröffentlichung (2018): Veronika Fischer, adaptiert (2023): Martina Simon

Alle Bilder Copyright: Veronika Fischer (im7ten)

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