Kunst, Kultur, gut essen und trinken, angenehme Leute, die gemeinsam etwas unternehmen, aber tatsächlich dreht sich alles nur um das Eine, beziehungsweise einer tritt und zwei drehen sich. „Die schönste Nebensache der Welt, das ist ja Rennradfahren“, sagt Hans Peter und nimmt einen Bissen von seinem Avocadobrot. Der gebürtige Oberösterreicher lebt mittlerweile im siebten Bezirk und mag manchen schon im Ohr gelegen haben. Immerhin ist er Teil des Duos Attwenger, doch darum geht es heute nicht. Wir sitzen im Café Europa, Renato ist soeben angekommen und wird von der Kellnerin vor die Wahl gestellt: Cappuccino oder Café Latte? Doppelter Espresso oder großer Brauner? Die beiden sind Mitglieder von Dynamo Neubau, einem Radclub aus dem siebten Bezirk.
Das schnelle Miteinander
Die Idee entstand im Gasthaus „Zur Stadt Krems“, man wollte Radsport auf höherem Niveau betreiben, aber keiner der vorhandenen Clubs vermochte zu überzeugen. „Da haben wir einfach unseren eigenen Verein gegründet. “ Die Dressen hat Renato entworfen, Hans Peter nennt ihn den schnellsten Mann von Dynamo. „Blödsinn“, erwidert er grinsend und greift nach seiner Tasse, die nach wohldurchdachtem Abwägen mit Cappuccino befüllt wurde. Das Logo stammt von Tex Rubinowitz, Cartoonist, Maler, Schriftsteller. Das greift alles ineinander, Kultur und Kunst, das schnelle Miteinander. Und wie kam es zu dem Namen des Vereins? Neubau bedarf keiner Erklärung, das liegt irgendwie auf der Hand oder auf dem Pedal, aber Dynamo? „Dynamo Neubau hat sich einfach ergeben, das ist ein Sprachspiel in gewisser Weise, das klingt auch flüssig. Dynamo Margarethen, das würde schon wieder nicht mehr funktionieren. Eventuell Lokomotive Margarethen, aber nicht Dynamo.“
Irgendwer fährt immer
Mittlerweile hat Dynamo Neubau ungefähr 30 Mitglieder. Die meisten von ihnen leben im siebten Bezirk, manche auch in Salzburg und eine in Shanghai. „Das Headquater ist im Siebten“, sagt Hans Peter, „aber in Wirklichkeit ist es die ganze Welt.“ Und das behauptet er nicht einfach so, immerhin hat er schon auf Fuerteventura in die Pedale getreten, war auf den Straßen Burmas unterwegs und hat an Trainingslagern in Italien teilgenommen. Gemeinsame Ausfahrten sind zumeist spontaner Natur, viele der Mitglieder sind Freiberufler. Architekten, Künstler, Musiker. Fixe Trainingstage funktionieren da einfach nicht, also wird auf Flexibilität gesetzt. Der Verein organisiert sich über Whatsapp. „Wer Lust hat, schreibt einfach rein und dann geht’s schon los. Kann nicht, wie wär’s mit morgen? Was ist mit 15 Uhr? Aber das Wichtigste, irgendwer fährt immer.“
Gold für Dynamo Neubau
Ich erkundige mich nach dem Trophäenlager des Vereins. „Das ist beim Renato daheim“, antwortet Hans Peter lachend. Und tatsächlich, 5 Goldmedaillen hat der Kassier von Dynamo Neubau im Jahr 2016 schon erstrampelt. Durchwegs Bergstrecken wohlbemerkt. „Das hat schon was, wenn man das Vereinsdress anhat und am Podest steht“, sagt Renato sichtlich vergnügt. Natürlich gehe es auch um den Wettkampf, Mitglieder des Radclubs sollten mindestens einmal im Jahr an einem Rennen teilnehmen. „Das gehört dazu zum Rennradfahren, diese Aufregung vorm Start, das alles mitzumachen, diesen ganzen Wahnsinn.“ Man verstehe sich nicht als Jausenverein, der ab und zu mit dem Elektrorad einen gemütlichen Ausflug macht. „Die Praterallee einmal rauf und runterfahren, da ist man bei uns falsch“, betont Hans Peter, der sein Mahl mittlerweile beendet hat. „Dafür kommst du so schnell nicht mehr raus, wenn du einmal drinnen bist.“ Die beiden lachen. Man könne allerdings beruhigt sein, schließlich handle es sich bei Dynamo Neubau nicht um die Hells Angels des Radsports.
Fotos: Dynamo Neubau und Daniel Klingler