Zwischen Burggasse und Lerchenfelder Straße versteckt sich die kleine, aber wirklich feine Myrthengasse, die zwar bereits beim ersten Durchschlendern angenehm gemütlich rüberkommt, aber erst beim zweiten Mal Hinsehen und kurzem Innehalten ihren ganz eigenen Charme offenbart. Es ist das in Wien oftmals vorhandene Zusammenspiel, der Mix aus alt und neu, aus grün und grau, aus Graffiti und Stuck, der auch die Myrthengasse zu etwas Besonderem macht.
Dabei teilt sich die kurze Gasse in zwei ungefähr gleich lange Teile; einen zur Fußgängerzone umgebauten Teil von der Burggasse bis zur Neustiftgasse und einen zweiten, von beeindruckenden Gründerzeithäusern dominierten und befahrbaren Teil von der Neustiftgasse bis zur Lerchenfelder Straße. Bevor der gesamte Abschnitt zur heutigen Myrthengasse wurde, trugen die beiden Teile in früheren Bezeichnungen auch eigene Straßennamen. So fungierte bereits mit der großen und kleinen Rosmaringasse von 1818-1862 ein Strauchgewächs als Namensgeber. Und ob Zufall oder Absicht – die Liebe zu Pflanzen hat sich in der kleinen Gasse bis heute gehalten.
Abstecher in die lauschige Fußgängerzone
Vor allem der erste Teil der Myrthengasse abzweigend von der Burggasse sollte an dieser Stelle hervorgehoben werden. Seit Dezember 2008 ist er dank der Projektgruppe „agenda wien sieben“ eine Fußgängerzone. Die gerade an den heißen Tagen positiv auffallende zahlreiche Begrünung wurde im Frühjahr 2009 umgesetzt – sie bereichert das Grätzl also inzwischen seit über 10 Jahren.
Besonders gut genießen lässt sich diese entspannte Atmosphäre der Myrthengasse im ruhigen Gastgarten des Café Zehnsiebzig, das an der Ecke zur Burggasse jeden Tag ab 15:00 Uhr und am Wochenende auch schon mit Frühstück ab 09:00 Uhr zum Verweilen einlädt.
Blick in die Vergangenheit
Auch geschichtlich gibt es in der Myrthengasse einiges zu entdecken. Neben positiven Assoziationen wie den wunderschönen Fassaden der teilweise denkmalgeschützten und renovierten Gründerzeithäuser erinnert der vor dem Haus in der Myrthengasse 5 eingelassene „Stein der Erinnerung“ an BewohnerInnen, die Opfer der antisemitischen Verfolgung des nationalsozialistischen Regimes geworden sind.
Und wer bei bekannten Wienerliedern wie „Weil i a alter Draher bin“ oder „Heut hab i schon mei Fahnl“ bereits beim Lesen die passende Melodie im Kopf hat, sollte beim nächsten Besuch der Myrthengasse vielleicht kurz vor Nr. 4 innehalten. Hier verstarb 1911 Johann Sioly, Komponist und Texter von rund unfassbaren 1000 Wienerliedern, trotz der Bekannt- und Beliebtheit seiner Lieder schlussendlich in bitterer Armut.
Er hätte bestimmt den richtigen Schmäh parat, um die stetig positive Entwicklung der kleinen, versteckten Grünoase mitten im Siebten würdig zu besingen. 😉