Das Modeatelier in der Westbahnstraße 36 blickt auf eine fast 70-jährige Geschichte zurück. Ingeborg Köberl vereint die Bodenständigkeit des Handwerksberufs mit meisterlicher Expertise, für die die Modeschöpferin bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. Nach 30 Jahren Arbeit für ihr eigenes Label engagiert sie sich nun verstärkt für hohe Standards und den guten Ruf ihrer Sparte.
Audrey Hepburn als Billy Wilders Sabrina, Grace Kelly in ihrem letzten Hollywood-Film Die oberen Zehntausend, Hollywood-Enfant-Terrible Marilyn Monroe und Jane Russell in Blondinen bevorzugt – es sind mehr als Filmklassiker… es ist der Stoff, aus dem die Träume sind. Im wahrsten Sinne, denn die Hollywoodstreifen der 1950er-Jahre waren nicht nur damals großes Kino, sondern liefern bis heute den romantisch-nostalgischen Flair einer Ära in unsere Wohnzimmer und Kleiderschränke. Eine Periode des Aufatmens nach dem Krieg, eine Zeit, in der Frauen ihre Weiblichkeit in der Mode wiederentdeckten, die Ära der großen Hollywood-Diven, und ein Jahrzehnt, das mehr als alles andere für ausgestellte Röcke und Cocktailsessel steht.
Genau in dieser Zeit gründete Schneidermeisterin Henriette Motzko, die eine der ersten Absolventinnen der Modeschule im Schloss Hetzendorf war, ihre eigene Schneiderei in genau jenem Haus, in dem Gustav Klimt zwanzig Jahre lang lebte. Häufig in einem Atemzug mit Modeschöpfer Fred Adlmüller genannt, sorgten die beiden mit ihren Labels dafür, dass sich die Kunst der hohen Schneiderei im Nachkriegs-Wien wieder einen bedeutenden Platz verschaffte.
Ein nahtloser Übergang
Es war Mitte der Achtziger, als Ingeborg Köberl die Lehre als Damenkleidermacherin und anschließend 1984 die Meisterprüfung absolvierte, und dem Rat ihres Lehrers folgte, Kontakt mit Henriette Motzko aufzunehmen, die zu jenem Zeitpunkt eine geeignete Nachfolgerin für das von ihr gegründete Atelier im 7. Bezirk suchte. Nach sechs Monaten übernahm Ingeborg Köberl 1986 den Betrieb ihrer Mentorin, die noch zwei Jahre als Angestellte bei ihr arbeitete, um den Kundenstock gemeinsam mit viel Erfahrung zu übertragen.
Im Laufe der letzten dreißig Jahre hat sich der Handwerksbetrieb zu einem Maison de Couture entwickelt, wo Tradition und Klassik, fachliches Know-how und innovative Kreativleistung zu einem starken Band verknüpft sind. Das Talent und die Hingabe der Modeschöpferin sorgt bei Wettbewerben immer wieder für Furore. So ging sie in beiden Veranstaltungsjahren von Wien Couture – der höchsten Ehrung der Landesinnung Wien der Mode und Bekleidungstechnik – als eine der PreisträgerInnen hervor.
Den großen Roben und dem Stil der 50er-Jahre gilt ihre Leidenschaft, wenngleich klassisch-zeitlose, elegante und minimalistisch gehaltene Stücke zum Standardrepertoire gehören, die den Alltag im Atelier ausmachen. In Abstimmung mit den Wünschen der Kundinnen werden Kleider, Jacken, Kostüme etc. ihren Trägerinnen, nach eigenen Schnitten von Ingeborg Köberl, auf den Leib geschneidert. Wie in der hohen Schneiderkunst üblich, gehören zu jedem individuell angefertigten Stück eine erste und zweite sowie eine Fertigprobe. Es ist eine Arbeit, die sehr viel Fingerspitzengefühl erfordert und das Bedürfnis nach Individualität bedient. Selbst wenn die erste Anschaffung eines maßgeschneiderten Stückes wie eine große Investition scheint, so rechnet sich der Preis über die Jahre, die ein mit hochwertigen Materialien gefertigtes Kleidungsstück zu dienen bereit ist. Nahteinschläge erlauben es, auch zu einem späteren Zeitpunkt Anpassungen vorzunehmen und nicht selten werden an geliebten Stücken der Kundinnen Umarbeitungen gemacht, die es ermöglichen, dass sich beispielsweise eine Ballrobe in ein Cocktailkleid verwandelt. Drapierungen können nachträglich vorgenommen werden, Ärmel werden angenäht oder abgenommen – kurzum: Schneiderei ist eine Kunst.
Mit der Passion aufgewachsen
…eine Kunst, von der Ingeborg Köberl schön früh begeistert war. Das zarte Mädchen, dem keine Kleider von der Stange passten, durfte seine Mutter schon in jungen Jahren zum Schneider begleiten, der ihr das eine oder andere Stück nähte. Die Heranwachsende mit dem Bedürfnis gut gekleidet zu sein, lernte auf diese Weise früh, was es bedeutet, sich in seiner zweiten Haut wohlzufühlen.
Später durfte Ingeborg Köberl auch an der Nähmaschine ihrer Mutter erste eigene Stücke fertigen – von der Bernina mit Fußpedal schwärmt die Schneidermeisterin noch heute. Mittlerweile wurde das gute Stück mit einem Motor ausgestattet, steht aber nach wie vor im Dienst für IK-Mode.
Vom Sähen und Ernten
Von Beginn an war Ingeborg Köberl die Ausbildung von Lehrlingen ein großes Anliegen. Zusätzlich setzt sie sich auch dafür ein, dass Absolventinnen der Meisterklasse die Möglichkeit haben, vor ihrer Meisterprüfung ein dreimonatiges Praktikum zur Verfeinerung ihrer Fertigkeiten zu absolvieren, um sie danach gut vorbereitet in die Branche entlassen zu können. Die Komprimierung von Ausbildungsmodellen und spärlichen Praxiszeiten resultiere verstärkt darin, dass viele SchülerInnen zu wenig Erfahrung hätten, um erfolgreich in die Selbstständigkeit zu gelangen. Gleichzeitig sind hohe, einheitliche Qualitätsstandards innerhalb der Meisterbetriebe von großer Bedeutung für die Branche.
Auch in der Familie hat Ingeborg Köberls Leidenschaft Frucht getragen: Ihre beiden Kinder, Melissa und Tobias, verbrachten ihre frühe Kindheit im mütterlichen Atelier – einem magischen Ort, zwischen edlen Stoffen und feiner Kurzware, Knöpfen, Reißverschlüssen, Spitze und Werkzeug.
Melissa folgte in den Fußspuren ihrer Mutter, absolvierte die 5-jährige Ausbildung an der Modeschule Hetzendorf und stieg in den Betrieb ein. Nach Abschluss einer Meisterklasse mit dem Fokus auf Bühnenbekleidung, erhielt sie die Möglichkeit, in diesem Bereich an der Wiener Staatsoper zur arbeiten – soweit der Stand der Dinge. „Ich bin stolz auf sie“, quittiert Ingeborg Köberl die Leistung ihrer Tochter, die zum gegebenen Zeitpunkt als Nachwuchshoffnung in das Maison de Couture von Ingeborg Köberl eintreten wird.
Während die Meisterin mir die wunderschönen Roben zeigt, drängt sich mir der Gedanke an Audrey Hepburns Paraderolle in My Fair Lady auf, die ob ihrer Schönheit und Eleganz für eine ungarische Prinzessin, statt des Blumenmädchens, das sie ist, gehalten wird und singt: „Ich hätt‘ getanzt heut‘ nacht, die ganze Nacht heut‘ nacht! So gern‘, und noch viel mehr.“
Planen Sie für Ihr maßgeschneidertes Traumkleid eine Vorlaufzeit von sechs Wochen ein.
Ingeborg Köberl
Maison de Couture
Westbahnstraße 36, 1070 Wien
www.ikoeberl.at
Träume werden wahr:
Montag – Donnerstag: 9 – 17 Uhr
Freitag: 9 – 15 Uhr
© Fotos:
Titelbild: Ingeborg Köberl
Portrait Frau Köberl: Daniel Schaler | WB Wien
Hochzeitsbild: Daniel Weiß | studio schwarzweiss
Fliederfarbenes Kleid: Foto: Isabella Gassner, Model: Anna Parzer
Kleid mit schwarzem Tüll: Foto: Isabella Gassner, Model: Ariadne