Wie man es anstellt, dass der drittkleinste Wiener Gemeindebezirk sich angesprochen fühlt – Theorie und Praxis.
Es begann alles damit, dass Daniel über „den Siebten“ schrieb und ich über „den Siebenten“ redete. Genaugenommen hört es sich in der gesprochenen Sprache tatsächlich so an, als sage man: „Im Siemten … is‘ immer was los!“ Und da unsere eigene Linientreue, die sich von der des anderen unterschied, bei einer Redaktionssitzung in größerer Runde zur Sprache kam, und sich jeder von uns der Richtigkeit seiner Schreibweise sicher war, schlugen wir nach.
Der Duden förderte zutage, dass … Trommelwirbel … wir beide goldrichtig lagen, da „siebten“ eine gültige Kurzform von „siebenten“ ist. Man kann ja schon mal im siebten Himmel landen – wenn man zum Beispiel am Neubau flaniert und sich in ein schönes Schaufenster verliebt.
Ja richtig gelesen!: Am Neubau. Das ist nämlich auch so eine Sache … der 7. Bezirk ist – wie auch der Alsergrund – männlich. Das wissen vielleicht eingefleischte NeubauerInnen, wer hier aber nicht lebt oder arbeitet, wird wohl eher sagen: „Ich war heut in Neubau“ oder „Neubau ist ein echter Geheimtipp für Gastronomie und ein individuelles Shopping-Erlebnis.“ Inhaltlich unterschreiben wir das natürlich! Schreiben wir es aber nieder, sind wir redlich bemüht, das salopp dahingesagte „in Neubau“ gegen „am Neubau“ auszutauschen und „Neubau“ den männlichen Artikel „der“ voranzustellen.
Interessanter Weise scheinen die weiblichen Artikel vor Bezirksnamen eher common knowledge zu sein: die Innere Stadt lädt zum Sightseeing, in der Leopoldstadt gehen wir gerne frühstücken, die Landstraße beheimatet den Stadtpark, auf der Wieden wurde Mozarts Zauberflöte im Theater im Freihaus uraufgeführt, in der Josefstadt gehen wir ins Theater und in der Brigittenau ins Kino. Alle anderen Bezirke – also Wien 5 und 6, Wien 10 bis 19 und Wien 21 bis 23 – kommen ohne Artikel aus.
Der Neubau ist schon etwas Besonderes, das macht auch vor seinem Namen nicht halt. Interessanter Weise ist man ja trotzdem einE Neubauer UnternehmerIn – hier wird der Artikel wiederum fallen gelassen – oder man dreht die Sache um und ist einE UnternehmerIn am Neubau. Ein schönes Tag unserer im7ten-Seite übrigens, das viele spannende Geschichten beherbergt.
im7ten – das ist auch ein gutes Stichwort, da ich mich dieser Schreibweise für die Bezeichnung des Bezirks dem Namen der Seite entsprechend gerne bediene, diese aber einen nicht bedeutungsgleichen Bruder hat: „Im 7ten findet man Handwerk, Kunst, Kultur, einzigartige Unternehmen und vieles mehr“ ABER wenn ich tatsächlich über uns als Team spreche: „im7ten findet Werkstattflair und kleine Läden mit Charakter toll.“
Wer in Wien 7/in 1070 Wien/in Wien VII – kurzum im 7. Bezirk in die Volksschule ging, wird die Sache mit dem Artikel wissen, wer sich einheimisch fühlen möchte, kann der Korrektheit nach unserem linguistischen Exkurs nachjagen und dem Rest sei gesagt: Es ist auch sehr schön als Tourist in den Siebenten zu kommen – ganz wurscht wie man ihn ausspricht. Der 7er-Hieb ist und bleibt das Paradies für IndividualistInnen, EinzelhandelssupporterInnen und Fans des Besonderen, warum sollten wir uns also sprachlich uniformieren?
Übrigens: Zahlen, Daten und Fakten zu Wien VII kann man in Daniels Beitrag „Zahlen bitte“ nachlesen.
Wer sein Wienerisch bei einem kleinen Ratespiel auffrischen will, findet 10 lustige Fragen auf www.vienna.at: Quiz: Der Wiener Dialekt – mehr als nur Gschisti Gschasti