Erst vor kurzem war ich beruflich im 7. Bezirk unterwegs – im Eiltempo über die Gehsteige, im Laufschritt über die Zebrastreifen und im Powerwalk durch die Begegnungszone.
Fachwissen und Ideenreichtum
Einige Interviews mit verschiedenen Kaufleuten des so vielseitigen Grätzls später, war ich um viele Eindrücke reicher. Da sind die Kunsthandwerkenden, deren routinierte Handgriffe beim Zusehen fesseln. Dort ist der Buchhändler, der das Geschäft führt, dessen Geschichte sich bis 1870 zurückverfolgen lässt. Oder die eine Unternehmerin, die mir von der Notwendigkeit erzählt, Dinge im Leben loszulassen, auch wenn sie einem zustehen, weil es mehr kostet, sie krampfhaft halten zu wollen. Die andere, bei der Beruf und Berufung untrennbar ineinander verflochten sind.
im7ten ♡ Grätzlfeeling
Ich weiß von Gastronomen, dass sie, wenn mal mehr Gäste als kalkuliert kommen, durchaus auch bei den Nachbarn fragen, ob sie ihnen mit ein bisschen Gemüse aushelfen können. Mehr als einmal bin ich auf meinen Touren durch den Bezirk den beiden Unternehmern begegnet, die sich bei ihrem Morgenkaffeetscherl gegenseitig über die neuesten Entwicklungen informieren, und habe sie heimlich um die Freundschaft beneidet, die man beim Vorbeigehen am Schaufenster ihres Lieblingscafés erahnen kann. Sehr lebendig habe ich das Bild des Designers im Kopf, den man im Streifensakko hinter der Ladentheke sieht, wenn man im 49er vorbeirollt.
Eindrucksvoll
Geschäfte, die von Familien geführt werden, Unternehmen, die von Freunden gegründet werden, Läden, die jemand im Alleingang startet – hinter jedem Unternehmen stehen Menschen mit einer Vision.
Sie alle hinterlassen mit ihren Worten, ihrer Art und ihrer Arbeit Eindruck in mir. Viel mehr aber hinterlassen sie ihren Abdruck im Siebten.
Das Grätzlfeeling ist geduldig
Als ich an einem dieser Eiltempotage erledigt hatte, wozu ich gekommen war, ging es gemütlich über die Gehsteige, den Blick nach oben zu den schönen Fassaden gerichtet über die Zebrastreifen und flanierend durch die Begegnungszone, und ich stellte fest, wie viel ich zuvor verpasst hatte. Gekonnt gestylte Auslagen, mit Handlettering und Zeichnungen gestaltete Schaufenster, einen Mix aus Trendfarben und Capsule-Wardrobe-Colours, die sprießenden Blumen und Gräser in den begrünten Flächen, die sich mir bietenden Gelegenheiten, die Geschenk- und Mitbringselkauf-To-dos erfolgreich auf meiner Liste abzuhaken. Ich hatte in meinem Stress darauf vergessen, mich auf die Begegnung mit dem Grätzlfeeling einzulassen, das an allen Ecken wartet.
Augen auf und mitten rein
Man begegnet ihm am Brotautomaten, auf dem großen Platz vor der Altlerchenfelder Kirche, der nach einer Frau benannt wurde, im Ampelpärchen, in den Schleichwegerln der Durchhäuser, die Gassen miteinander verbinden, oder auf der Regenbogenbank. Man sieht es, wenn jemand ein Buch aus dem offenen Bücherschrank fischt und mit beschwingtem Gang den Weg fortsetzt. Man erkennt es, wenn der Chef des einen Lokals für Gurken und Karotten zu seinem Gastronachbarn eilt – und er sie ohne Frage bekommt. Man fühlt es, wenn der 49er sein S-Kurve vom Siebensternviertel kommend durch die Neubaugasse hinein in die Westbahnstraße bummelt, bevor er kurz nach der Kaiserstraße den 7. Bezirk verlässt.
Man kann es nicht kaufen oder reproduzieren, nicht verpflanzen oder erweitern. Man kann nur eintauchen und es genießen.
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Titelfoto: © Eugenie Sophie Photography