Die Gothic Bewegung entwickelte sich in den 1980ern aus dem sich damals in der Blütezeit befindenden Punk Rock. Alles begann mit ein paar Bands, die sich dunkel kleideten und düstere Thematiken in ihren Texten aufgriffen. Von Großbritannien aus verbreitete sich der Jugendkult in rasantem Tempo, und schon bald existierte in jeder größeren europäischen Stadt eine eigene Szene. „Es gab in Wien noch mehr Events, wir hatten sogar einen eigenen Gothic Club“, erinnert sich Katharina Blaim, Inhaberin von Asmalia. Bereits mit 13 Jahren war sie in der Szene unterwegs, hauptsächlich der Musik wegen, aber auch, weil sie sich mit dem Gedankengut der Jugendkultur identifizieren konnte. „Ich war auf mehr Beerdigungen als auf Hochzeiten und habe schon früh über den Tod nachgedacht.“ Doch das Gruftidasein bestehe, laut der jungen Dame mit pinkem Haar, nicht nur aus Traurigkeit und Friedhofskult. Umgeben von Nieten, Leder, Lack und sehr viel Schwarz sitzen wir in Frau Blaims Schatzkammer in der Hermanngasse Nummer 7. Seit vier Jahren betreibt sie hier einen Store, der sich auf Gothic, Fetisch und Sadomaso spezialisiert hat.
Bunte Kundschaft im düsteren Store
In einer Zeit, in der immer mehr Gothic Läden schlossen und der Hype abzuflauen schien, entschloss sich die Unternehmerin, dem Trend entgegenzuwirken und düsteren KundInnen einen sicheren Hafen zu bieten. Sie eröffnete ihr eigenes Geschäft. Gemeinsam mit ihrem Freund, der regelmäßig Konzerte organisiert, verschaffte sie sich schon bald einen Namen in der kleinen aber lebendigen Wiener Kernszene. Dabei könnte sie sich nur durch Goths lange nicht mehr über Wasser halten. Die Kundschaft von Asmalia mag zwar dunkle Töne bevorzugen, gilt aber dennoch als bunt gemischt. Von der 60 Jährigen, die sich SM Equipment zulegt, um einen neuen Lebensweg zu gehen, bis zu Büromenschen, die sich ein Korsett zulegen, um ihre Haltung vorm PC zu verbessern, gibt es die verschiedensten Motivationen, um Frau Blaims Laden aufzusuchen. Manche kommen wegen der Musik, andere wollen sich einen Nietengürtel besorgen und dann gibt es auch noch die, die einfach nur auf der Suche nach einer soliden Lederpeitsche sind. Letztere darf man übrigens gleich im Geschäft testen. „Die meisten meiner KundInnen sind sehr aufgeschlossen. Es kommt auch mal vor, dass das Klientel auf die Umkleide verzichtet und sich mitten im Laden umzieht“, meint Frau Blaim. Das gehöre eben auch dazu.
Korsetts in allen Variationen
Nur wenige Meter neben uns lagern in etwa 350 Korsetts. Die verspielten Kleidungsstücke werden auf Bestellung in Italien angefertigt, die Produktion dauert zwei bis drei Monate. Für KundInnen, denen die Geduld für eine Maßanfertigung fehlt, hat Frau Blaim immer eine große Auswahl im Sortiment. Sie selbst besitzt an die 60 Korsetts, nur zum Schlafen würde sie keines tragen. Entgegen meinem Vorurteil als Mensch, der noch nie ein derartiges Kleidungsstück trug, versichert sie mir, dass auch hier Komfort an oberster Stelle steht. „Wenn man das richtige Korsett gewählt hat, spürt man es nach einer Zeit gar nicht mehr.“ Mehr noch, das geschnürte Oberteil soll sogar für eine gesündere Haltung sorgen. Zu beachten sei dabei lediglich, dass man durch die Lunge statt durch den Bauch atmet. Klar, sonst bleibt nicht viel Platz. AnfängerInnen rät Frau Blaim außerdem zu Unterstützung beim Anziehen. Nach einer Weile schafft man es dann auch, das Korsett eigenständig zu schnüren.
Sadomaso und Gothic
Außer Gothic Kleidung vertreibt Asmalia allerlei Equipment und Accessoires für KundInnen aus der Sadomaso und Fetischszene. Schaurige Ledermasken, Peitschen und Dessous hängen neben Bandshirts und Geldbörsen in Sargform. Sm und Gothic haben aber nichts miteinander zu tun, das sei ein Vorurteil, meint Frau Blaim. „Klar gibt es Leute, die beides mögen. Die Szene ist so breit gefächert, dass man das einfach nicht verallgemeinern kann.“ Und das soll man auch nicht, schließlich führt Schubladendenken bekanntlich zu nichts. Asmalia ist auf jeden Fall Bestandteil beider Subkulturen, zumindest hier gibt es also eine Überschneidung.