Ceija Stojka lebte in der Kaiserstraße, in der Wohnung vis à vis von unserm Kinderzimmer. Was mir bis heute im Gedächtnis blieb, ist die tätowierte Nummer an Ceijas Arm und die Küche, die Tag und Nacht bevölkert war und wo immer gekocht wurde. Die Stojkas sind eine Roma Familie, die als Pferdehändler durch Österreich reisten. Ceija wurde 1933 in der Steiermark geboren.
Ihren Vater ermordeten die Nazis im KZ Dachau, der Rest der Familie landete im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. 1944 wurden Ceija und ihre Mutter nach Ravensbrück ins KZ geschickt, wo sie in der Nähwerkstatt arbeiten musste. Letztendlich wurden sie aus dem KZ in Bergen-Belsen befreit. Nur sechs Personen überlebten aus der Großfamilie Stojka, die mehr als zweihundert Menschen umfasste. Einer der Überlebenden war auch ihr Bruder Karl Stojka, den Alpträume sein Leben lang verfolgten und der auch versuchte, das Erlebte mittels Malerei zu verarbeiten.
In dem 1988 erschienen Roman „Wir leben im Verborgenen“ erzählte sie aus ihrem Leben und thematisiert die Gräuel gegenüber Roma während der Nazizeit. Karin Berger setzte mit ihren beiden Filmen „Das Portrait einer Romni“, 2001 und „Unter den Brettern hellgrünes Gras“, 2005 nicht nur ein Denkmal für Ceija Stojka, sondern hinterlässt damit auch Zeitportraits, die gerade heute wieder wichtig sind.
Nach einer Japanreise 1989 begann auch sie zu malen. Immer wiederkehrende Themen sind bunte Naturmotive, Szenen der Roma vor dem Krieg, aber auch sehr düstere Darstellungen der NS-Untaten. Ihre Arbeiten wurden in Deutschland, Österreich, Tschechien und Japan in Ausstellungen präsentiert. 2003 erschien der Gedichtband „Meine Wahl zu schreiben – ich kann es nicht“.
Im Rahmen des Zeitzeugen Projekts „Die letzten Zeugen“ im Burgtheater war Ceija Stojka eine von sieben Überlebenden der NS Vernichtungslager. Sie konnte selbst nicht mehr an der Premiere teilnehmen da sie im Oktober 2013 verstarb.
Ceija Stojka war eine großherzige, kluge Frau, ohne Verbitterung, trotz der unglaublichen und grauenhaften Behandlungen, der sie und ihre Familie ausgesetzt waren. Wir dürfen weder sie noch ihre Geschichte vergessen!
Das was wir suchen
ist schwer zu finden
Die Angst
müssen wir nicht suchen
sie ist da
Sturm und Weinranken
zerreißen Zeit und Raum
Auf einem Feld
wo das Blut meiner nicht wissenden
verschollenen verjagten
ermordeten Oma ruht
Der Wind heult dorthin
wo wir Lebenden nicht wissen können
Wo haben sie meine Oma vergraben
Niemand weiß es
Waren es die Deutschen damals
Oder waren es die Österreicher
Die Sie in die Erde stampften
Ich werde erst dann wissen, sehen
Wo meiner Oma Gebeine liegen
Wenn meine Stunde Minute
mich loslässt
Und es ist kein Ende
Ceija Stojka
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Denise Parizek, 2018