Wer für wen? Wenn ich überlege, wer meine Schuhe doppelt, wer meine Nähte flickt , wo ich meine Zeitung kaufe, meine Orangen und das Olivenöl, meinen Grünen Tee, wo bringe ich meine Künstler_innen aus dem Ausland unter? Es ist der Schuster aus Usbekistan, der Schneider aus Sierra Leone, der Trafikant aus Persien, Lebensmittel vom Griechen, Inder oder Italiener, der Buchhändler aus Ex Jugoslawien, die Japanerin, die mich über verschieden Teezubereitungen unterrichtet, das nette Hotel in philippinischer Hand, in dem sich meine Gäste wohl fühlen.
Was wäre wenn diese Menschen nicht in Wien wären?
Es gäbe weniger Schneider, Schuster, Schlüsselmacher, Greissler Läden und Spezereien Fachgeschäfte, Restaurants und Schnellverkoster, wir wären nur von großen Unternehmen abhängig, einer globalen Wirtschaft ausgeliefert.
Individuelle Beratung in kleinen Fachgeschäften, Nahversorgung, einen Plausch beim Einkaufen halten, was selbigen viel erträglicher macht, und beim Betreten des Lokals ein persönliches und nicht firmenintern verschriebenes, eingefrorenes, Lächeln geschenkt bekommen, das nützt uns allen.
Im 7. Bezirk gibt es viele Gewerbetreibende mit Migrations Hintergrund. Ich werde 2016 zwölf dieser Händler vorstellen.
Barrie Abdul Ai flüchtete 1998 vor dem Bürgerkrieg in Sierra Leone, welcher von 1991 bis 2002 andauerte. Eine wesentliche Rolle in diesem Krieg spielten die großen Diamantenvorkommen des Landes (Blood Diamonds). 2006 bekam Barrie Abdul Ai die Chance das Geschäft des verstorbenen ägyptischen Schneiders Kamel Marai in der Burggasse zu übernehmen. Barrie Abdul Ai flickt und näht, hilft uns gute Stücke in Schuss zu halten, kürzt unsere Hosen und macht die Röcke enger oder weiter, je nach Bedarf. Nebenbei entwirft er eigene Designerstücke, manchmal auch aus afrikanischen Stoffen. 2007 kam seine Frau nach, die in einem Hotel zu arbeiten begann. Mittlerweile haben sie drei Kinder, zwei Jungs und ein Mädchen, die in die katholische Schule, beziehungsweise in den Kindergarten, in der Burggasse gehen. Barrie Abdul Ai hat vor drei Jahren die Österreichische Staatsbürgerschaft angenommen, vor allem seiner Kinder wegen, um ihnen eine gesicherte und Perspektiven reiche Zukunft zu ermöglichen.
Barrie Abdul Ai / Der Schneider
7., Burggasse 48
Text und Photocredits: Denise Parizek 2016 web