Flaumig, saftig und aromatisch – so schmeckt der Grand Guglhupf, den es in der Café Konditorei Smolinka gibt. Was genau drinnen ist, weiß nur der liebe Gott … und der Pâtissier des Grand Hotel Wien, denn genau dort wird er mit großer Sorgfalt nach einem super-geheimen Rezept gebacken. Auf jeden Fall enthält er Frischprodukte: frische Eier, Schokoladenstückchen kein Schokopulver u. s. w., ist frei von künstlichen Aromen oder Zusatzstoffen, weshalb er im Vergleich mit einem haltbar gemachten Supermarkt-Gugelhupf nicht so lange hält.
Muss er ja auch nicht.
Ein Nachmittagskaffeetratscherl und weg ist das gute Stück mit einem Gesamtgewicht von fast 1,5 Kilo! Das Einzige, was dann noch von dem Genuss zeugt ist, die wunderschöne Metalldose mit dem Grand–Hotel-Logo, die (zumindest meine) Sammelleidenschaft bedient.
Wer nur ein Stückerl davon genießen möchte, kommt am besten in die Westbahnstraße 19 zu Kaffeehausbetreiber Michael Smolinka. Der erfahrene Gastronom, der wie die meisten seiner Branchenkollegen viele spannende Stationen in den unterschiedlichsten Hotel- und Gastronomiebetrieben im In- und Ausland hinter sich hat, führt hier seit 2008 die Café Konditorei Smolinka. Bewusst hat er sich ein Café mit gediegenem Ambiente ausgesucht, als er den Entschluss gefasst hatte, sich als Unternehmer selbstständig zu machen.
Das Café in der Westbahnstraße gibt es bereits seit 1904 – gegründet wurde es als Bäckerei, nach dem 2. Weltkrieg führte es Dame namens Kornfellner viele Jahre lang. Nach einem kurzen Intermezzo übernahm Michael Smolinka das Lokal unweit der Pfarre Schottenfeld. Ein Tageskaffeehaus. Mit Tradition, Charme und Stammkundschaft. Selbige hat ihm auch zwischen Frühstück, Snacks und verführerischen Mehlspeisen das eine oder andere Anekdötchen aus vergangenen Zeiten zugetragen.
Wer es übrigens ein bisschen mehr „so wie früher“ mag, ist in der Café Konditorei Smolinka wunderbar aufgehoben: Es geht auch ohne WLAN. Es geht auch ohne Bankomat … und das hat alles sehr praktische Gründe – kaum Nachfrage nach Ersterem und hoher Aufwand für Zweiteres.
Jetzt könnte man argumentieren, dass das schlecht fürs Geschäft sei, aber ich frage mich (und Sie): Ist es besser authentisch zu bleiben und bewusst auf etwas zu verzichten oder etwas zu machen, das man nur deshalb hat, weil es (vermeintlich) alle anderen haben? Na eben – ich wusste ja, dass wir das ähnlich sehen. Nur: als KundIn weiß man gerne vorab, dass man Bargeld mitbringen sollte, denn sonst könnte es diesen kurzen Moment peinlicher Berührtheit geben, in dem man sich scherzhalber die eigenen Abwaschdienste anbieten hört. Damit Sie sich das ersparen, briefe ich Sie hier.
Kaffee, Kuchen und Lokalkolorit
Dem generellen Rauchverbot ab Mai 2018 blickt Michael Smolinka völlig gelassen entgegen. Schon jetzt sei das Rauchen weniger Thema als noch vor der Verpflichtung zur baulichen Trennung von Raucher- und Nicht-Raucherbereich. Das vollkommene Aus für den Qualm werde einen Schlusspunkt hinter die Diskussion machen, sagt der Unternehmer.
Und dann gelangen wir vom Rauchen in eine spannendes Gespräch über die soziale Komponente des Ausgehens, das trotz aller Annehmlichkeiten, die man sich mittlerweile in den eigenen vier Wänden gönnen kann, nicht an Bedeutung verliert. „Es gibt heute schon keinen Grund mehr hinaus zu gehen“, stellt Michael Smolinka fest. Hochwertige Bierzapfgeräte und Kaffeemaschinen vs. Bar und Café, Lieferservices für Lebensmittel und fertige Speisen vs. Einkaufen und Selberkochen, On-demand-Filme vs. Kino – bequem kann man es sich ja durchaus machen, aber nirgendwo geht es echter zu, als draußen auf der Straße, im Kaffeehaus ums Eck oder im Lebensmittelgeschäft Ihrer Wahl … und um das echte Wiener Leben auch mal wieder richtig zu zelebrieren, sollten Sie es sich demnächst im Schanigarten des Cafés gemütlich machen und sich ein Stück von 1480 Gramm Glückseligkeit mit einer Melange servieren lassen.
Café Konditorei Smolinka
Westbahnstraße 19, 1070 Wien
geöffnet Montag bis Freitag: 7-18 Uhr, Samstag: 8-18 Uhr und Sonntag: 9-18 Uhr
© Fotos: Veronika Fischer