Wer für wen? Wenn ich überlege, wer meine Schuhe doppelt, wer meine Nähte flickt , wo ich meine Zeitung kaufe, meine Orangen und das Olivenöl, meinen Grünen Tee, wo bringe ich meine Künstler_innen aus dem Ausland unter? Es ist der Schuster aus Usbekistan, der Schneider aus Sierra Leone, der Trafikant aus Persien, Lebensmittel vom Griechen, Inder oder Italiener, der Buchhändler aus Ex Jugoslawien, die Japanerin, die mich über verschieden Teezubereitungen unterrichtet, das nette Hotel in philippinischer Hand, in dem sich meine Gäste wohl fühlen.
Tabula Rasa
Nach einer Kreuzfahrt, auf der er eine Wienerin kennenlernte, entschloss sich Sandro Luglio mit 50 Tabula Rasa zu machen, nach Wien zu ziehen und einen italienischen Feinkostladen in der Burggasse 81 zu eröffnen. Er ließ seine Vergangenheit, 15 Jahre in der Recycling Branche in Neapel, 15 Jahre davor Gastronomie, zurück, der Wegweiser seiner Zukunft zeigte nach Wien.
2008 eröffnete er seine Salumeria Principe.
Die Liebe zu gesunden, schmackhaften und organischen Produkten hat Sandro von seinem Urgroßvater geerbt. Don Ciccio, war einer der Ersten der typische Produkte seiner Region zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Übersee exportierte.
Sandro erinnert sich gerne an seine Kindheit in Scanzano, wo mindestens 20 Familienmitglieder um einen Tisch herum saßen und gemeinsam das Essen genossen und dabei über Pasta und Vita eifrigst diskutierten.
Sandro ist Anhänger von Slow Food und italienischer Geschmackskultur. Mozzarella di Buffalo, Ricotta, Variationen von Salami, Prosciutto, Formaggio, Vino, Eingelegtes und schmackhaftes Pesto. Ganz italienisch kann aber auch ein Espresso zwischendurch genossen werden. Dies alles ist ein kleiner Teil des vielfältigen Angebotes.
In den ruhigen Stunden schreibt Sandro auf seiner kleinen italienischen Insel Romane, der zweite ist gerade in Arbeit. Sein erster Roman, „Mario, Don Mario“ handelt von einem Salumiere, der den ganzen Tag, sein ganzes Leben im Laden steht und zuguckt, wie die Welt bei ihm ein und aus geht. In Italien sind diese, meist älteren und weisen Männer eine Institution, vergleichbar mit einer Seelsorge Plattform. Liebesangelegenheiten, Trauer bei Todesfällen, wer wem Hörner aufsetzt und wie Frauen sich davor bewahren können, der Mann in der Salumeria hat immer einen Ratschlag bereit.
Mario, die Hauptfigur in Sandros Buch, ist so ein Salumiere. Er war noch nie auf Reisen, er bewegt sich kaum aus seinem kleinen Universum heraus, trotzdem weiß er Alles und kann vorsichtig die Fäden ziehen. Die Geschichte ist eine perfekte Metapher für unser Leben heute, wir brauchen nicht länger durch die Welt ziehen, die kommt zu uns, und wir genießen die vielfältigen Einflüsse vor unserer Haustüre.
Der Espresso ist molto Italiano, wunderbar. In der Salumeria wird neben kulinarischen Gesprächen über das Leben philosophiert. Ich hoffe es findet sich bald jemand, der „Mario, DonMario“ übersetzt, für alle, die Italienisch sprechen, das Buch ist im Laden erhältlich.
Salumeria – Wurstwarenhandlung
Salumiere – Wurstverkäufer
Ricotta – Topfen / Quark
Mozzarella di bufalo – Büffelmozzarella / Frischkäse aus Büffetmilch
Prosciutto – Schinken
Formaggio – Käse
Salumeria Principe
Burggasse 81
1070 Wien
http://www.salumeriaprincipe.com
Tel. 0043.69910077684
Text: Denise Parizek 2016
Photocredit: Sandro Luglio / Salumeria Principe
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